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Das deutsche Gesundheitssystem steckt
in der Krise. Diese Krise ist nicht nur eine Finanzierungskrise. Die Krise betrifft vielmehr auch das
Selbstverständnis der niedergelassenen Ärzte, das Verhalten der
Patienten, die Struktur der Krankenversicherung, die Situation
der Krankenhäuser, die Ansprüche der
Apotheker und die Methoden der Pharmaindustrie.
Selbstverständnis der niedergelassenen Ärzte
Niedergelassene Ärzte sind
Freiberufler. Sie können sich deshalb nicht voll auf die
angemessene Beratung und Behandlung ihrer Patienten
konzentrieren, sondern haben zwangsläufig immer auch ihre
Einkommenschancen im Blick. Das führt insbesondere in Zeiten
gedeckelter Budgets leicht dazu, dass Patienten, und zwar
insbesondere in gesetzlichen Krankenkassen versicherte
Patienten, nicht jene
Aufmerksamkeit erhalten, die sie benötigen, und dass
Sprechstundentermine, Behandlungsmethoden und Medikamente nicht
selten vorrangig unter finanziellen statt unter medizinischen
Aspekten vergeben / ausgewählt / verschrieben werden.
Die
niedergelassenen Ärzte ihrerseits klagen über sinkende Einnahmen:
Das ist in Anbetracht der – insbesondere in den Großstädten – ständig steigenden Anzahl niedergelassener Ärzte
freilich nicht verwunderlich, da die Ausgaben insgesamt gedeckelt
sind und folglich für den einzelnen Arzt im Durchschnitt weniger übrig bleibt.
Außerdem klagen sie über Gängelung und eine zeitraubende, ausufernde
Bürokratie: Die haben sich die Ärzte wegen zahlreicher und
offenbar zu einem Gutteil gewohnheitsmäßiger
Abrechnungsbetrügereien allerdings zumindest partiell selbst zuzuschreiben. Außerdem ist nun einmal nicht jeder gute Arzt auch ein
begnadeter Betriebswirt – mancher schlechte Arzt dagegen
durchaus.
Problemlösung
Um die Ärzte vom ökonomischen
Druck zu befreien, sollten sie in der Regel nicht
mehr als Freiberufler, sondern als Angestellte arbeiten – wie es
die Krankenhausärzte bereits tun. Das würde auch alle
Abrechnungsbetrügereien beenden. Zudem ständen die Ärzte nicht
mehr unter dem Druck, medizinisch unsinnige Forderungen /
Erwartungen von
Patienten erfüllen zu müssen, nur damit die betreffenden Personen
nicht zur Konkurrenz abwandern.
Die Praxen könnten organisatorisch
den nächstgelegenen Krankenhäusern angeschlossen werden. Eine
Bezahlung der Ärzte etwa nach BAT II wäre angemessen. Warum Ärzte – wie in der Vergangenheit und
teilweise auch heute noch – netto ein Vielfaches eines
durchschnittlichen Akademikergehaltes glauben verdienen zu
müssen, ist nicht nachvollziehbar, denn ihre Tätigkeit
ist in der Regel nicht anspruchsvoller als die eines
Sozialarbeiters, Lehrers oder Psychotherapeuten. Zum Teil – z. B. bei
Zahnärzten oder Chirurgen – ist sie sogar überwiegend reine
– bisweilen durchaus bewundernswerte – Handwerkskunst.
Sinnvoll ist es zudem, statt vieler
Minipraxen Praxen mit mehreren Ärzten, darunter auch Fachärzten,
einzurichten, damit die Patienten nicht mehr von einem Arzt zum
anderen laufen müssen, sondern eine ganzheitliche Behandlung aus
einer Hand erhalten. Da viele Krankheiten sozial oder psychisch bedingt sind oder soziale und psychische
Folgen haben, sollten zu einer solchen größeren Gemeinschaftspraxis auch
ein Sozialarbeiter und ein Psychotherapeut gehören.
Abgerechnet werden sollte nach der
Zeit, die die Behandlung beansprucht, und nach dem
Materialverbrauch. Damit würde der größte Teil des derzeitigen
bürokratischen Abrechnungs- und Dokumentationsaufwandes
entfallen. Trotzdem muss natürlich für Folgebehandlungen
festgehalten werden – und zwar nicht nur in der
jeweiligen Praxis, sondern auch für zukünftig aufgesuchte Ärzte
einsehbar –, was gemacht wurde.
Verhalten der
Patienten
Die Inanspruchnahme von Ärzten
seitens der Bevölkerung ist höchst unterschiedlich: Während
viele Menschen kaum jemals einen Arzt aufsuchen und noch nicht
einmal zu den empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen gehen,
konsultieren manche Leute regelmäßig und selbst bei minimalen
oder gar keinen Beschwerden den Arzt. Es soll z. B. Menschen
geben, die sich mindestens einmal pro Quartal vom HNO-Arzt den
Ohrenschmalz entfernen lassen. Da auch solche Behandlungen Geld
bringen, zumal wenn es sich um Privatpatienten handelt, wird ein
freiberuflicher Arzt mit einem Hypochonder kaum jemals ein
klärendes Gespräch führen.
Anders dürfte es bei
angestellten Ärzten sein: Sie sind wirtschaftlich vom einzelnen
Patienten unabhängig und deshalb frei, ihn in höflicher und
verbindlicher Form davon zu überzeugen, dass seine Leiden eher
Befindlichkeitsstörungen sind und ein regelmäßiger Arztbesuch
– oder gar eine Überweisung zum Spezialisten – nicht notwendig ist. Sollte die Überzeugungskraft des Arztes
nicht ausreichen, kann er den Psychotherapeuten bzw. bei
Problemen im sozialen Bereich den Sozialarbeiter hinzuziehen.
Finanzielle Druckmittel wie Praxisgebühren oder Zuzahlungen
dürften bei einer solchen Vorgehensweise entbehrlich sein. Sollte sich in der Praxis herausstellen,
dass zahlreiche Personen trotzdem immer wieder ohne medizinische
Indikation zum Arzt gehen, müsste man allerdings über eine
spürbare Selbstbeteiligung bei jedem Arztbesuch nachdenken.
Diese Selbstbeteiligung könnte erstattet werden, wenn sich der
Arztbesuch nachträglich als sachlich gerechtfertigt
herausstellen sollte.
Struktur der Krankenversicherung
Obwohl die Leistungen der
gesetzlichen Krankenkassen zu etwa 90 Prozent identisch sind,
gibt es in Deutschland über hundert gesetzliche Krankenkassen.
Neben den gesetzlichen Krankenkassen
existieren private Krankenkassen, die das Privileg haben, sich
ihre Mitglieder weitgehend selbst aussuchen zu dürfen, und dementsprechend
alten und kranken Menschen den Beitritt möglichst verweigern. Während
Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen – allerdings nur bis
zu einer von der Politik festgelegten Beitragsbemessungsgrenze!
– einen bestimmten
prozentualen Anteil ihres Einkommens an die Krankenkasse zahlen
müssen, ist der Beitrag zur privaten Krankenversicherung ein
absoluter Betrag, der sich nicht nach dem Einkommen des
Versicherten richtet, sondern nach dessen Alter und
gesundheitlicher Verfassung.
So kann es leicht passieren, dass
ein junger, gesunder, reicher, privat versicherter Unternehmer
wesentlich weniger Beitrag zahlt als sein zwangsweise gesetzlich
versicherter Angestellter, und zwar nicht nur prozentual, also
gemessen an seinen gegenüber dem Einkommen des Angestellten sehr
viel größeren Einkünften, sondern oft sogar auch absolut. Für diesen wesentlich geringeren
Beitrag erhält der privat versicherte Unternehmer im
Krankheitsfall dann auch noch weitaus bessere Leistungen.
Ärgerlich ist auch, dass Beamte generell privat versichert sind:
Sie genießen die Vorteile der privaten Krankenversicherung,
während die Steuerzahler, die dafür letztlich aufkommen müssen,
selber zu ca. 90 Prozent gesetzlich versichert sind und in
Arztpraxen und Krankenhäusern entsprechend schlechter behandelt
werden.
Aber auch die Beiträge zur
gesetzlichen Krankenversicherung werden – u. a. aufgrund der
Beitragsbemessungsgrenze, aber z. B. auch deswegen, weil der
Beitragssatz anders als der Steuersatz nicht mit der Höhe des
Einkommens prozentual steigt – nicht wirklich solidarisch
finanziert: Z. B. zahlen Mitglieder, deren Einkommen die
Beitragsbemessungsgrenze übersteigt, alle den gleichen absoluten
Betrag – unabhängig davon, ob ihr Einkommen knapp über der
Beitragsbemessungsgrenze liegt oder ob sie Millionen verdienen.
Es ist offensichtlich, dass diese
Privilegierung der Reichen, Gesunden, Jungen und Beamt(inn)en unsolidarisch ist. Ebenso offensichtlich ist, dass
man nicht über hundert gesetzliche Krankenkassen und einen komplizierten
Risikostrukturausgleich braucht, wenn die Leistungen dieser Kassen
weitgehend identisch sind und ein Wettbewerb faktisch nicht
stattfindet.
Problemlösung
Um Verwaltungskosten zu
sparen und die Verhandlungsmacht gegenüber den Ärzteverbänden
und -gewerkschaften sowie gegenüber der Pharmaindustrie zu
stärken, sollten alle gesetzlichen Krankenkassen zu einer
einzigen bundesweiten Krankenkasse zusammengeschlossen werden.
Dieser Krankenkasse muss dann jeder Einwohner Deutschlands angehören. Jedes
Mitglied muss einen bestimmten prozentualen Anteil seines
Einkommens an die Krankenkasse zahlen. Dieser Anteil wird vom
Bundestag jährlich neu festgelegt. Die
Beitragsbemessungsgrenze wird aufgehoben; Zinseinnahmen,
Dividenden, Mieteinnahmen, Unternehmergewinne und alle sonstigen
Einnahmen zählen zum Einkommen. Alternativ könnte man die
Krankenkassenkosten auch insgesamt aus Steuermitteln bezahlen.
Das wäre insofern noch solidarischer als das gerade skizzierte
Modell, als zum einen der Steuersatz progressiv ist und zum
anderen bei der Einkommenssteuer ein Grundfreibetrag
berücksichtigt wird.
Gewinne machen Ärzte und
Krankenhäuser derzeit vorwiegend mit den privat versicherten Patienten,
da sie bei diesen – für gleiche ärztliche Leistungen – deutlich
höhere Beträge abrechnen dürfen. Die Privatpatienten finanzieren
demnach derzeit die gesetzlich versicherten Patienten teilweise mit.
Andererseits hätten die gesetzlichen Kassen deutlich höhere
Einnahmen und könnten also auch mehr zahlen, wenn die derzeit
privat versicherten Personen alle gesetzlich versichert wären,
es keine Beitragsbemessungsgrenze gäbe sowie Kinder und nicht
erwerbstätige Ehepartner nicht automatisch mitversichert wären,
sondern getrennt krankenversichert werden müssten. Bei Gering-
und Normalverdienern müsste dann freilich der Staat – also der
Steuerzahler – für die Krankenversicherung der Kinder und des
nicht erwerbstätigen Elternteils aufkommen. Alternativ käme, wie
bereits oben erwähnt, eine vollständige Finanzierung der
Krankenkassenkosten aus Steuermitteln in Frage.
Eine bundesweite gesetzliche
Krankenversicherung könnte einen weit reichenden Basisschutz
bieten. Um
die Beiträge in Grenzen zu halten, müssten jedoch eventuell besonders teure
und/oder umstrittene Behandlungen – z. B.
Organtransplantationen, Einsatz künstlicher Hüftgelenke nach dem
90. Geburtstag etc. –, auf jeden Fall jedoch wissenschaftlich
nicht hinreichend abgesicherte Behandlungsmethoden, rein
kosmetische Eingriffe und Sonderwünsche wie Chefarztbehandlung,
Einzelzimmer im Krankenhaus etc. zusätzlich versichert werden.
Auch muss man von den Versicherten erwarten können, dass sie sich
solidarisch verhalten: Wer z. B. an einer Erbkrankheit leidet,
die hohe Kosten verursacht, und trotzdem Kinder zeugt /
bekommt, die dann ebenfalls an dieser Erbkrankheit leiden,
handelt unsolidarisch. Ebenso handelt jemand unsolidarisch, der
mutwillig eigene Krankheiten herbeiführt oder Krankheiten
verlängert / Krankenhausaufenthalte notwendig macht, indem er z.
B. die ihm verschriebenen Medikamente nicht einnimmt. Das kommt
leider gar nicht selten vor.
Möglicherweise werden bei der
vorgeschlagenen Lösung Leistungen rationiert, aber anders als
derzeit nicht willkürlich, heimlich und ohne ehrliche
Begründung, sondern für jeden nachvollziehbar und begründet.
Angesichts der Kosten mancher Medikamente und
Behandlungsmethoden und des Kosten treibenden medizinischen
Fortschritts wird in Zukunft wahrscheinlich nicht mehr alles,
was medizinisch machbar ist bzw. werden wird, von einer
allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt werden
können, sofern wir nicht bereit sind, fast nur noch für die
Krankenversicherung zu arbeiten. Deshalb ist es notwendig,
Zusatzversicherungen anzubieten.
Situation der Krankenhäuser
Die Krankenhäuser, und zwar
insbesondere jene in privater Trägerschaft,
stehen derzeit – politisch gewollt – in einem harten
Konkurrenzkampf untereinander. Leider werden dieser
Konkurrenzkampf und das Werben um Patienten weitgehend nicht auf
dem Gebiet der medizinischen / ärztlichen / pflegerischen
Versorgung ausgetragen, sondern auf Nebenschauplätzen, die für
den Behandlungserfolg letztlich irrelevant sind, z. B. bei der
Ausstattung der Patientenzimmer oder der Qualität des Essens
etc.
Das rührt daher, dass die
(potenziellen) Patienten die medizinische / ärztliche /
pflegerische Qualität eines Krankenhauses in der Regel
schlichtweg nicht angemessen beurteilen und – ebenso wie bei den
niedergelassenen Ärzten – auch keine wirklich
aussagekräftigen Informationen dazu erlangen können, weshalb die
Träger diesbezüglich dann auch nichts bzw. nur das Notwendigste
investieren. Stattdessen wird das Geld – sofern vorhanden – in
Bauvorhaben und Verschönerungsmaßnahmen insbesondere auf den
Privatstationen gesteckt. Zugleich wird bei den gesetzlich
Versicherten am Pflegepersonal so sehr gespart, dass eine
ausreichende Pflege oft nicht mehr gewährleistet ist. Das hat
durchaus auch Auswirkungen – z. B. auf die Anzahl der Sterbefälle
auf diesen Stationen.
Zusätzlich wurde durch die
zunehmenden und zeitaufwändigen Dokumentations- und
Rechtfertigungspflichten, das ausufernde Abrechnungswesen und
die immer kürzere Verweildauer der Patienten die Zeit, die Ärzte
und Pflegepersonal tatsächlich dem einzelnen Patienten widmen
können, immer mehr reduziert. Derzeit ist es so, dass viele Krankenschwestern, Pfleger
und Stationsärztinnen/Stationsärzte, die noch nicht innerlich
gekündigt haben und denen das "Patientengut" noch nicht egal
ist, auf Kosten ihrer Gesundheit Selbstausbeutung betreiben.
Ganz schlimm ist die Lage auf den inneren Stationen, die viele
ältere Patienten und damit viele Pflegefälle und geistig
verwirrte Patienten zu versorgen haben. Oft wird die daraus
resultierende Mehrbelastung
beim Stellenplan nicht berücksichtigt.
Problemlösung
Klar ist, dass Anzahl und Größe der Krankenhäuser in einer
vernünftigen Relation zur Anzahl der Patienten in der Region
stehen müssen und dass Patienten in
großen, gut ausgestatteten Krankenhäusern mit entsprechenden
Fachabteilungen und Routine besitzenden Ärzten eine bessere
medizinische Versorgung erhalten als in Dorfkrankenhäusern, in
denen – überspitzt formuliert – der Chefarzt einmal im Jahr
einen Blinddarm entfernt.
Jedoch ist es nicht sinnvoll, auf
marktwirtschaftlichem Wege zu einer vernünftigen Regulierung
kommen zu wollen, da es kaum sachverständige Patienten /
"Kunden" gibt. Welche Häuser zu schließen, welche
Häuser mit welchen Abteilungen zu erhalten
und welche zu überregionalen Zentren auszubauen sind, sollte deshalb von sachverständigen Personen
der Kommunen und des Landes bzw. eventuell auch mehrerer
Bundesländer zusammen mit den betroffenen Krankenhäusern und der
Krankenkasse geplant
/ entschieden und nicht der
Abstimmung mit den Füßen überlassen werden.
Bei den Krankenhäusern selbst kann
man – außer vielleicht beim Gehalt der Oberärzte, Chefärzte,
Chefapotheker und
Verwaltungsdirektoren – derzeit nicht mehr viel sparen.
Eventuell lässt sich ein gemeinsamer Einkauf aller
Krankenhäuser organisieren, um die Macht der Pharmaindustrie und der Medizingerätehersteller zu brechen.
Ferner sollte zur Aufnahme ins Krankenhaus immer eine Einweisung
durch einen Arzt / eine Notfallambulanz erforderlich sein.
Das System der
Fallpauschalen wird der Tatsache, dass viele und vor allem
ältere Patienten meistens gleich mehrere, wenn nicht sogar
etliche Krankheiten und Gebrechen haben, bislang nicht gerecht
und führt derzeit häufig dazu, dass die Patienten zwar rasch
– allzu rasch – entlassen werden, aber kurz danach erneut aufgenommen werden
müssen. Zumindest bei solchen Patienten empfiehlt es sich daher, von der
Fallpauschale zum Tagespflegesatz zurückzukehren.
Zu nachweisbaren Kosteneinsparungen
hat das System der Fallpauschalen übrigens bislang nicht
geführt, wohl aber zu einem nachweisbaren Bürokratiewachstum.
Ansprüche der Apotheker
Neben den niedergelassenen Ärzten klagen insbesondere die
Apotheker über Einkommensverluste. Tatsächlich aber sind die
Umsätze pro Apotheke mit den Jahren keineswegs gesunken, sondern
gestiegen, und auch die Gewinne sind immer noch gut. Freilich ist
– wie im Einzelhandel überhaupt – ein
gewisser, allerdings bei den Apotheken noch kaum merklicher Konzentrationsprozess zu beobachten: Kleinere Apotheken
werden allmählich von größeren verdrängt. Sofern Apothekeninhaber Grund zur Klage
haben, liegt es also vor allem daran, dass sie es nicht
verstehen, sich im Wettbewerb untereinander zu behaupten.
Darüber hinaus kann man sich fragen,
welche Leistungen eigentlich das immer noch sehr hohe Einkommen der meisten
angestellten Apotheker und insbesondere der Apothekeninhaber rechtfertigen.
Selbständige Apotheker zählen zusammen mit
Zahnärzten, Fachärzten und auch Allgemeinmedizinern nach wie vor zu
den Spitzenverdienern in Deutschland.
Schaut man sich jedoch die übliche
Tätigkeit eines Apothekers an, so handelt es sich beim
Apotheker um einen Fachverkäufer mit – für die berufliche Praxis
weitgehend irrelevanter – universitärer Ausbildung. Auf Wunsch berät
er Kunden bezüglich frei verkäuflicher Arzneimittel,
hauptsächlich aber gibt er rezeptpflichtige Medikamente nach
ärztlicher Anordnung heraus. Normalerweise stellt er Medikamente
nicht selbst her.
Eine Ausbildung
als Einzelhandelskaufmann / Betriebswirt wäre deshalb vielleicht angemessener.
Dazu müsste der Gesetzgeber freilich zulassen, dass Apotheken
nicht nur von Apothekern geführt werden dürfen. Einzelhandelskaufleute verdienen
übrigens in der Regel deutlich
weniger als deutsche Apotheker, die mit immer noch erheblichen,
teilweise sogar überaus hohen Gewinnspannen Produkte verkaufen,
die in anderen EU-Ländern zu deutlich niedrigeren Preisen und in
Ländern außerhalb der EU teilweise sogar spottbillig
angeboten werden. Zum Klagen haben deutsche Apotheker also
keinen Grund. Sie sind nach wie vor eher über- als unterbezahlt.
Methoden der Pharmaindustrie
Gleiches lässt sich von der
Pharmaindustrie sagen. Während wirklich neue und wirksame Stoffe
nur selten entdeckt / entwickelt werden, bringen die
Pharmakonzerne jedes Jahr eine Fülle teurer und angeblich neuer
Medikamente auf den Markt, die lediglich altbekannte Wirkstoffe
in etwas anderer Kombination als zuvor enthalten und offenbar
vor allem dem Zweck dienen, die Preise in die Höhe zu treiben.
Pharmareferenten belagern die Ärzte und preisen zur Markteinführung – in der Regel mit
nachweisbarem Erfolg – die ollen
Kamellen als höchst wirksame Neuentwicklungen an. Die
Krankenhäuser erhalten die "neuen" Medikamente anfangs
oft sogar kostenlos, damit
sie sie an die Patienten ausgeben, deren Hausärzte das Mittel
nach der Entlassung aus dem Krankenhaus dann natürlich weiterhin
verschreiben sollen.
Die Preise von Medikamenten liegen
in Deutschland in der Regel weit über den Herstellungs- und
Entwicklungskosten. Das kann man schon an den bedeutend
niedrigeren Preisen erkennen, die Mitarbeiter(innen) von
Krankenhäusern zahlen, wenn sie bei der Krankenhausapotheke für
den Eigenbedarf rezeptfreie Medikamente erstehen. Die dortigen
Preise liegen beträchtlich unter denen öffentlicher
Apotheken. Ganz offensichtlich gibt es ein inoffizielles
Preiskartell der Hersteller und der Apotheker, das verhindert,
dass die Arzneimittel zu reellen Preisen angeboten werden. Wer
preisgünstig rezeptfreie Medikamente kaufen möchte, sollte sich
deshalb im Internet informieren.
Der Marketingstrategie der
Pharmaindustrie und der Verschreibungspraxis der von den Pharmareferenten beeinflussten
Hausärzte bezüglich rezeptpflichtiger Medikamente kann man
dagegen am besten mit einer Positivliste wirklich wirksamer und
zudem preisgünstiger Arzneimittel begegnen. Wer dann trotzdem
ein teureres, aber nicht besseres Medikament haben möchte,
sollte die Differenz selbst bezahlen müssen. Ausnahmen bei
individuellen Unverträglichkeiten sollten möglich, aber vom Arzt
gegenüber der Krankenkasse zu begründen sein.
Entstehungsjahr: 2006
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