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Die Lage: Vielen Menschen in
Deutschland geht es nicht gut. Ein Grund der Misere:
Aktienspekulanten, Großbanken und Verwalter von Aktienfonds
drängen die Manager multinationaler Konzerne, möglichst
kurzfristig den Profit zu maximieren. Da die Manager vielfach
keine innovativen, gewinnträchtigen Produkte anbieten können,
versuchen sie, den Profit durch Kostensenkungen nicht mehr nur
mittels Rationalisierung und damit Steigerung der Produktivität,
sondern auch durch Einsparungen bei den Lohnkosten, den
Lohnnebenkosten, den Steuern etc. zu
steigern.
Dazu spielen die Konzerne die
Staaten bzw. deren Regierungen und Arbeitnehmer gegeneinander
aus: Wo die Löhne und Unternehmenssteuern sowie die
Arbeitsschutz- und Umweltschutzanforderungen am
niedrigsten und die Subventionen am höchsten sind, wird
investiert – sofern die übrigen Rahmenbedingungen stimmen. In "teuren" Ländern werden
dagegen Arbeitsplätze gestrichen und / oder keine neuen
geschaffen. Zumindest wird mit der Verlagerung von
Arbeitsplätzen ins Ausland gedroht.
Zwar steht nur ein kleiner
Teil der deutschen Unternehmen tatsächlich im direkten globalen
Wettbewerb und zwar schaden sich jene Unternehmen, die
vorwiegend für den Inlandsmarkt produzieren, mit generellen
Lohnverzichtsforderungen aus volkswirtschaftlicher Sicht sogar
selbst, weil sie damit zugleich die Kaufkraft der Konsumenten
schmälern, aber inzwischen sind die Verantwortlichen in
Politik, Wirtschaft und Medien derart ideologisiert, dass alle
Hinweise auf die Vorteile des Standortes Deutschland –
qualifizierte Arbeitskräfte, hohe Produktivität und niedrige
Lohnstückkosten, stabile politische Verhältnisse, eine derzeit
noch relativ gute
Infrastruktur, eine relativ effiziente Verwaltung, vermutlich relativ wenig
direkte Korruption und sozialer Friede
– schlicht ignoriert werden.
Insbesondere die Medien spielen
dabei eine recht unrühmliche Rolle: Anstatt sich neutral bzw.
vielseitig zu informieren, kritisch nachzudenken und selber zu
schreiben, übernehmen viele Journalisten einfach fertige,
parteiische Texte, z. B. die Pressemitteilungen und
"Handreichungen" der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft",
eines vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall finanzierten
Propagandainstitutes, das – nach eigenem Bekunden mit dem Ziel
der Stärkung des Standortes Deutschland – für den Abbau von
sozialen Rechten und Arbeitnehmerrechten zugunsten einer
Steigerung der Gewinne und Befugnisse von Managern, Unternehmern
und Großaktionären wirbt. Die Initiative schreckte nicht einmal
davor zurück, in populären Sendungen wie der Fernsehserie "Marienhof" Schleichwerbung zu
platzieren und dabei die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen
als notwendig oder sogar wünschenswert hinzustellen.
Als Reaktion auf die
Drohungen der Unternehmen und die
tatsächliche Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland wetteifern die
Regierungen darin, die Steuern für Unternehmen und
Spitzenverdiener sowie die Lohnnebenkosten zu senken. Inzwischen ist Deutschland für
findige Unternehmer und Spitzenverdiener zum Steuerparadies geworden, weil
nicht nur die Steuersätze für Unternehmen und Spitzenverdiener
mehrfach gesenkt wurden, sondern weil darüber hinaus das
allenfalls für Steuerberater noch halbwegs durchschaubare deutsche Steuerrecht
gerade Spitzenverdienern und Unternehmen so viele Schlupflöcher und
Abschreibungsmöglichkeiten bietet, dass etliche Unternehmen,
vor allem Großunternehmen, und
Freiberufler kaum noch Steuern zahlen. Die
Gewerkschaften wiederum verzichten weitgehend auf Lohnerhöhungen oder
stimmen sogar Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerungen zu.
Die Folgen: Der
Staat verliert durch die – großenteils selbst herbeigeführten – Ausfälle bei den Unternehmenssteuern,
der Lohnsteuer und der Einkommenssteuer beträchtliche Einnahmen
und muss sparen. Die Politiker sparen bevorzugt dort, wo es am
einfachsten durchzusetzen ist, also bei den
Ausgaben für Kultur, Soziales, Bildung und Infrastruktur. Die
Arbeitnehmer müssen härter, oftmals länger und für weniger Geld
arbeiten. Die Renten werden gekürzt, die Rentenansprüche der
derzeitigen Beitragszahler drastisch reduziert.
Die Arbeitnehmer müssen sich zudem, da der Staat sich mangels Geld
immer mehr aus den Sozialversicherungssystemen
(Rentenversicherung, Krankenversicherung,
Berufsunfähigkeitsversicherung, Pflegeversicherung,
Arbeitslosenversicherung) zurückzieht und die Arbeitgeber zwecks
Senkung der Lohnnebenkosten zunehmend von der Pflicht zur
Mitfinanzierung der Sozialversicherungssysteme befreit,
zusätzlich privat versichern, was ihre Kaufkraft und
Konsumneigung und damit das Wirtschaftswachstum weiter reduziert, die Aktionäre und Manager der
Versicherungsgesellschaften dagegen freut.
Durch die Kürzung der
Löhne, des Arbeitslosengeldes, der Renten und der Sozialhilfe werden die
Armen und auch der Mittelstand immer ärmer, während die Reichen durch Steuergeschenke und
steigende Kapitalgewinne immer reicher werden. Die öffentliche
Infrastruktur (z. B. Straßen, Schulen, Universitäten etc.)
verkommt, der Bildungs- und Ausbildungsstandard sinkt – mit
verheerenden Folgen für die Zukunft eines Landes, dessen
Wettbewerbsfähigkeit im Wesentlichen auf der aufwändigen Entwicklung
anspruchsvoller Produkte und der beruflichen Qualifikation und
Leistungsfähigkeit seiner Bevölkerung beruht.
Die strukturelle Arbeitslosigkeit
dagegen steigt – einerseits als Folge von Arbeitsverdichtung, also der
Mehrbelastung der verbleibenden Mitarbeiter, andererseits
deshalb, weil die Produktivität durch den
technischen und wissenschaftlichen Fortschritt nach wie vor unaufhörlich
zunimmt und die Manager und Unternehmer für die Arbeitnehmer,
die dadurch überflüssig und entlassen werden, nicht genug neue,
zukunftsträchtige Arbeitsplätze schaffen, also nicht in
Arbeitsplätze investieren. Vielen deutschen Managern und
Unternehmern fehlen offenbar Weitblick, Tatkraft und
Durchhaltevermögen, Ideen für neue Produkte, Gespür für
Kundenwünsche und neue Märkte, Demut gegenüber dem Kunden und
Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Mitarbeitern. Stattdessen verwenden insbesondere Manager die Gewinne
häufig lieber dazu, Aktien des eigenen Unternehmens
zurückzukaufen und so den Aktienkurs zum eigenen finanziellen
Nutzen – Aktienoptionen! – künstlich zu pushen. Viele
weitere Milliarden werden durch Missmanagement und
Finanzspekulationen vernichtet.
Solche Fehlentscheidungen deutscher
Manager und Unternehmer verwundern freilich nicht, wenn man
bedenkt, dass viele Manager in klarem Gegensatz zur
offiziell vertretenen Leistungsideologie in Wahrheit nicht aufgrund offensichtlich
hervorragender Leistungen, sondern aufgrund eines gewissen
weltläufigen Habitus, den man faktisch nur dann erwerben kann,
wenn man in einer Unternehmer- oder Managerfamilie aufwächst,
von Angehörigen eben dieser Klasse, die bereits
Spitzenpositionen besetzen, in Spitzenpositionen gehievt werden.1
Auch die von Politikern,
Managern und Unternehmern durchgesetzte und in Gesetze gegossene
Entrechtung und Schikanierung der
Arbeitslosen schafft selbstverständlich keine neuen regulären Arbeitsplätze,
sondern allenfalls unter- oder sogar unbezahlte
Zwangsarbeitsplätze. Ich-AGs,
Mini-Jobs, 1-Euro-Jobs, sonstige befristete Jobs, Jobs bei
Zeitarbeitsfirmen und andere prekäre Arbeitsplätze wie z.
B. Langzeitpraktikumsstellen vernichten sogar reguläre
Arbeitsplätze und schönen die Arbeitslosenstatistik.
Fair wäre es, solche Arbeitsplätze für die Arbeitslosenstatistik
nicht als vollwertige Arbeitsplätze zu werten, denn wer einen
solchen Job hat, ist entweder faktisch arbeitslos oder hat
zumindest keinen regulären Arbeitsplatz. Parallel zur Arbeitslosigkeit steigen wiederum die
Sozialausgaben (Arbeitslosengeld, Sozialhilfe) und sinken die
Einnahmen aus Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben.
Außerdem sinken natürlich die Kaufkraft und die Konsumneigung
der Betroffenen.
Auswege: Ein wirksames Mittel, um die ständige
– und im
Prinzip begrüßenswerte – Steigerung der Produktivität
aufzufangen, wären Arbeitszeitverkürzungen (mit oder
ohne Lohnausgleich oder mit partiellem Lohnausgleich, je nach
Situation des Unternehmens), da ein
für annähernde Vollbeschäftigung ausreichendes
Wirtschaftswachstum aller Erfahrung nach nur bei großem
Nachholbedarf, also z. B. nach Kriegen oder großen Katastrophen,
für eine gewisse Zeit eintritt. Wer dagegen Arbeitszeitverlängerungen
ohne Lohnausgleich, faktisch also Lohnkürzungen fordert, nimmt
eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit in Kauf, denn wenn alle
Arbeitnehmer länger arbeiten, aber die Menge der Arbeit gleich
bleibt bzw. sogar abnimmt, werden logischerweise noch weniger
Arbeitnehmer benötigt.
Ein weiteres wirksames Mittel zur
Reduzierung der Arbeitslosigkeit wäre die Einrichtung staatlich
subventionierter oder ganz vom Staat aus Steuern finanzierter
Arbeitsstellen im sozialen oder kulturellen Bereich mit
angemessener Bezahlung – also keine 1-Euro-Jobs und ähnliche
Dumpinglohnarbeitsverhältnisse, die reguläre Jobs verdrängen.
Derartige Arbeitsstellen wären vor allem für solche
Arbeitssuchenden sinnvoll, die sonst nahezu keine Aussicht auf
Beschäftigung mehr haben, also z. B. Arbeitssuchende, die älter
als 45 Jahre sind.
Wichtig für Deutschland, das als
Hochlohnland seine Stellung auf dem Weltmarkt nur durch
aufwändige Spitzenprodukte, nicht durch einfach herzustellende
Billigwaren behaupten kann, wäre zudem eine überaus deutliche
Steigerung der Investitionen in Forschung, Bildung, Ausbildung
und berufliche Weiterbildung, die mittelfristig Wirkung zeigen
könnte. Freilich müsste sich darüber hinaus insbesondere die
schulische Ausbildung grundlegend ändern, nämlich weg von bloßer Wissenseintrichterei hin zur
Aneignung von
Problemlösungskompetenzen. Außerdem müssten den (angehenden)
Lehrerinnen und Lehrern vermehrt pädagogische und didaktische
Kenntnisse und Fertigkeiten sowie Reflexionsfähigkeit in Bezug
auf die eigene Unterrichtsgestaltung vermittelt werden.
Der einzige
wirkliche langfristige Ausweg aus der Globalisierungsfalle wären
dagegen wirksame Absprachen zwischen den Staaten,
die den Unterbietungswettbewerb beenden und weltweit
verbindliche Standards bezüglich der Unternehmenssteuern, der Steuersätze
und der Besteuerung spekulativer, kurzfristiger Kapitalflüsse,
bezüglich der Sozialabgaben und der Subventionen, der Arbeits-
und Umweltschutzstandards, der Investitionen in Bildung und
Infrastruktur sowie bezüglich sozialer Mindestgarantien
festlegen. Derzeit können die multinationalen Konzerne und
national nicht gebundene Kapitalbesitzer den Politikern dagegen
aufgrund der internationalen Konkurrenzsituation vielfach faktisch
vorschreiben, was sie zu tun haben.
An solchen wirksamen Absprachen haben aber die
weniger entwickelten Länder, die zur wirtschaftlichen
Entwicklung auf ausländische Investoren
dringend angewiesen sind und deren entscheidender Wettbewerbsvorteil
die Genügsamkeit der Bevölkerung ist, auf absehbare Zeit kein Interesse. Nur eine
Entwicklungshilfe, die diesen Namen verdiente, würde daran
vielleicht etwas ändern. Bislang aber haben sich
"Entwicklungshilfe" und "wirtschaftliche Zusammenarbeit" häufig
in der Gewährung von Krediten für technische Groß- und
Prestigeprojekte erschöpft, die keinen langfristigen Nutzen
brachten, weil nicht zugleich auch in die Bildung und Ausbildung
der Bevölkerung investiert wurde. Die Zinsen für solche Kredite
verschlingen noch heute eine Großteil der Staatshaushalte der
betroffenen Länder.
Freilich ist die verfehlte Entwicklungshilfe
nicht der einzige Grund dafür, dass manche Länder auch fünfzig
Jahre nach dem Ende der Kolonialzeit noch völlig unterentwickelt
sind: Entscheidender sind wohl die mangelnde Wertschätzung von
individueller Freiheit und Tatkraft und persönlichem
Besitz bzw. generell des Individuums sowie ein daraus resultierendes mangelndes
wirtschaftliches Engagement der Bevölkerung bzw. die Abwanderung
der besten Köpfe, außerdem Kriege sowie die Korruptheit und
Raffgier
der Machthaber bzw. generell das Fehlen von Rechtsstaatlichkeit
und Rechtssicherheit.
Innerhalb der
wirtschaftlich entwickelten Staaten könnte eine wirksame
Förderung der Kapitalbildung auf Arbeitnehmerseite die
Abhängigkeit der Arbeitnehmer von einem die Existenz sichernden
Ganztagsjob zumindest verringern. Angesichts immer neuer
Sozialdumpinggesetze ist das freilich derzeit Utopie.
Aktienbesitz in nennenswertem Umfang wird wohl auch in Zukunft
nur für einen sehr kleinen Prozentsatz der Bevölkerung eine
realistische Option sein.
Wie überaus ungleich Einkommen und
vor allem Vermögen in Deutschland verteilt sind und dass diese
Ungleichheit zu- statt abnimmt, zeigen z. B. die
Armuts- und Reichtumsberichte der Bundesregierung, in denen die Tiefe der Kluft zwischen Armen und Reichen in Deutschland
allerdings oft eher verschleiert als offen dargelegt wird.2
Dank der äußerst niedrigen Erbschaftssteuersätze in
Deutschland zumindest bei Vererbung auch und gerade von
Unternehmen innerhalb der Familie wird diese Kluft auch in
Zukunft weiterhin bestehen
bleiben: In Deutschland besitzen weniger als 3 Prozent der Haushalte
mehr als 80 Prozent des Produktivvermögens. Gleichheit der
Lebens- und Bildungschancen gibt es deshalb in Deutschland
nicht: Wer wohlhabende und gebildete Eltern hat, hat sehr viel
bessere Chancen als die Kinder armer und ungebildeter Eltern. Der
(auch) im
kapitalistischen Wirtschaftssystem angelegten Tendenz zur
Konzentration von wirtschaftlicher Macht und Vermögen, zur Privatisierung und hemmungslosen
Ausbeutung der natürlichen Ressourcen der Erde und zur
irreparablen Schädigung von Umwelt und Klima kann letztlich nur
der Staat bzw. die internationale Staatengemeinschaft wirksam
entgegentreten.
Was kann ich selbst tun?
Nicht jeder Mensch kann sich
auf politischer Ebene für eine gerechte Welt- und
Wirtschaftsordnung engagieren: Dem einen fehlt die Zeit, weil er
mit Ausbildung / Beruf / Job und/oder Haushalt und Familie (mehr
als) ausgelastet ist, dem anderen die Begabung, seine Ideen von
einer besseren Welt und den konkreten Schritten dorthin
überzeugend zu kommunizieren. Manchem fehlt auch die
Charakterstärke, sich nicht korrumpieren zu lassen, und dann ist
es sicher besser,
wenn er nicht Politiker wird. Ohnehin gibt es wohl schon zu
viele "Volksvertreter", die nicht das Volk insgesamt vertreten,
sondern Konzerne, Interessenverbände und "Besserverdienende"
– und damit gute "Nebeneinnahmen" erzielen. Die Armen dagegen
haben keine ausreichende Lobby.
Aber auch als Privatmann oder
-frau haben Sie viele Möglichkeiten, durch Ihr Verhalten Zeichen
zu setzen, die Welt zu verbessern, gut und ziemlich zufrieden und mit halbwegs
gutem Gewissen zu leben
(und zu sterben):
- Seien Sie
rücksichtsvoll, großzügig und nachsichtig und reagieren Sie
gelassen und großmütig auf die Mängel, Schwächen und Fehler
Ihrer Mitmenschen.
- Nutzen Sie Ihre
Mitmenschen nicht aus und übervorteilen Sie sie nicht, sondern
behandeln Sie sie so, wie Sie selbst behandelt werden wollen.
Helfen Sie, wenn Hilfe erforderlich, erbringbar und erwünscht
ist.
- Missgönnen Sie
Ihren Mitmenschen selbst und redlich erarbeiteten Wohlstand nicht und
seien Sie nicht neidisch auf Vorzüge und Fähigkeiten, die
andere besitzen, Sie selbst aber nicht. Niemand wird wegen
seines Reichtums, seines Könnens oder seines Aussehens geliebt
(allenfalls beneidet, bewundert oder begehrt), wohl aber wegen seines Charakters und
des Guten, das er anderen erweist.
- Setzen Sie nicht andere herab,
um sich selbst besser und sicherer zu fühlen: Arbeitslose sind
in der Regel nicht deshalb arbeitslos, weil sie arbeitsscheu
sind, sondern weil sie entlassen wurden und keinen neuen Job
finden. Denken Sie daran, dass es Ihnen – sofern Sie
Arbeitnehmer und kein Beamter sind – ebenso ergehen kann, und
glauben Sie nicht, das könne Ihnen nicht passieren, weil Sie
beruflich qualifiziert und engagiert sind: Arbeitsplätze
hängen im Wesentlichen nicht von den Arbeitnehmern ab, da sie
auf die Unternehmenspolitik kaum Einfluss haben, sondern viel
mehr von den Aufträgen / der Kauflust der Kunden sowie den
Fähigkeiten und Einfällen der Chefs, bei den meisten
Unternehmen außerdem von den Forderungen der Geldgeber, seien
es Banken oder Aktionäre.
- Misstrauen Sie einem Menschen nicht
allein deshalb, weil er anders aussieht, denkt, fühlt, redet
und handelt als Sie, sofern er sich an die Gesetze hält und
seinerseits Ihnen mit Achtung begegnet. Andererseits müssen
Sie nicht alle fremden
Sitten gutheißen: Die Versklavung, Misshandlung,
Vergewaltigung, Genitalverstümmelung oder Zwangsverheiratung von Frauen oder die Ermordung von Frauen,
die sich scheiden lassen oder kein Kopftuch tragen, sind
Verbrechen, keine tolerierbaren kulturellen Eigenarten.
- Geben Sie Ihr Geld
sinnvoll aus: Kaufen Sie nicht Marken- und Luxusartikel, nur
um "mithalten" zu können oder zu protzen, sondern
qualitätvolle Waren, die Ihnen nützen und Freude bereiten.
Kaufen Sie nicht aus Geiz Billigartikel, die nur deshalb so
billig sind, weil der Hersteller / Discounter seine
Angestellten ausbeutet, seine Lieferanten erpresst und die
Umwelt verseucht. Bedenken Sie auch in angemessenem Umfang
Menschen, denen es schlechter geht als Ihnen, oder
entsprechende Hilfsorganisationen wie z. B. Amnesty
International.
- Legen Sie Ihr Geld
sinnvoll an, falls Sie Geld anlegen können: Wenn Sie in Aktien
oder Fonds investieren möchten, achten Sie nicht nur auf die
mögliche Rendite, sondern auch darauf, dass die betreffenden
Unternehmen ihre Mitarbeiter nicht ausbeuten,
umweltverträglich produzieren und ethisch unbedenkliche
Produkte herstellen, also z. B. keine Waffen. Wählen Sie
Geldinstitute, die selbst nicht nur auf die Rendite achten, z.
B. die UmweltBank oder die GLS Bank.
- Gönnen Sie sich
auch selbst etwas, z. B. gutes, gesundes Essen sowie Muße und Zeit
zum Nachdenken! Bedenken Sie: Der Mensch lebt nicht, um zu
arbeiten, sondern weil er in Wohlstand leben will, muss er
arbeiten, wenn er kein oder nicht genug Kapital geerbt oder
auf andere Weise erworben hat.
- Wählen Sie keine
Partei, die Ihnen erzählt, zur steuerlichen "Entlastung" der
Reichen und zur sogenannten "Reform" des Sozialstaates gebe es keine
Alternative. Die skandinavischen Länder machen vor, dass es
Alternativen gibt. Über Einkommen und Vermögen sowie über Lebens-
und Bildungschancen entscheiden eben nicht Gott oder das Schicksal,
sondern Menschen.
Irgendeinen Vorteil außer einem
halbwegs guten Gewissen und – in der Regel – einem guten
Verhältnis zu Ihren Mitmenschen sollten Sie sich von einem
menschenfreundlichen Verhalten allerdings nicht erhoffen: Reich oder
mächtig oder angesehen wird man gewöhnlich nicht durch
Rücksichtnahme. Siegertypen sind meistens rücksichtslos, wie man
z. B. an den "Großen" der Geschichte (Alexander d. G.,
Konstantin d. G., Karl d. G., Friedrich d. G., Katharina d. G.),
aber auch an Lenin, Stalin oder Mao Zedong (Mao Tse-tung) leicht erkennen kann.
1 Vgl. Sie zum Thema z.
B.: Michael Hartmann, Der Mythos von den Leistungseliten,
Frankfurt/Main 2002, oder: Klaus Schubert, Leistungseliten: Die
Bedeutung sozialer Herkunft als Selektionskriterium für
Spitzenkarrieren, Hamburg 2006, oder: Julia Friedrichs,
Gestatten: Elite. Auf den Spuren der Mächtigen von morgen,
Hamburg 2008.
Entstehungsjahr: 2005
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