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Ausgangslage
Die Sicherung der Renten ist – nach dem
notwendigen Beitrag
Deutschlands zur Verhinderung
des weiteren Anstiegs der globalen Erderwärmung – eine
der wichtigsten
Aufgaben der deutschen Politik. Mit der Zahl der Rentner(innen)
und der höheren Lebenserwartung werden sich die Ausgaben der
Rentenversicherung in den kommenden Jahren stark erhöhen.
Zusätzliche Ausgaben wie die
abschlagfreie Rente ab 63 nach 45 Berufsjahren, die
Mütterrente oder Verbesserungen bei der
Erwerbsminderungsrente vergrößern das finanzielle Problem.
Diskutiert wird derzeit weitgehend über das
Rentenniveau, genauer das Netto-Standardrentenniveau vor
Steuern. Gemeint ist das Verhältnis zwischen der Rentenhöhe
eines „Eckrentners“ (45 Jahre Beitragszahlung und
durchschnittlicher Verdienst) und dem aktuellen Entgelt eines
Durchschnittsverdieners. Derzeit (November 2018) beträgt das
Rentenniveau ca. 48 Prozent. Das Rentenniveau sinkt seit
mehreren Jahrzehnten mehr oder weniger kontinuierlich, und zwar
u. a. deshalb, weil der Gesetzgeber in Reaktion darauf, dass
sich die Zahl der Rentner im Verhältnis zur Zahl der
Beitragszahler erhöht und die Lebenserwartung steigt, in die
Rentenanpassungsformel einen Nachhaltigkeitsfaktor eingefügt
hat, der den Anstieg der Renten dämpft, wenn die Zahl der
Rentner(innen) schneller steigt als die Zahl der Beitragszahler.
Außerdem wurde in die Rentenanpassungsformel ein sogenannter
Riester-Faktor eingebaut, mit dem unterstellt wird, dass
gesetzlich Versicherte zusätzlich eine private, staatlich
geförderte Rentenversicherung abgeschlossen haben, die
sogenannte
Riester-Rente, und deshalb die gesetzliche Rente
entsprechend niedriger ausfallen kann. Weitere Informationen zur
Rentenanpassungsformel finden Sie u. a. auf
https://de.wikipedia.org/wiki/Rentenanpassungsformel und
der
entsprechenden Seite der Bundeszentrale für politische Bildung.
Um die Lücke zum letzten Nettolohn
auch nur annähernd zu schließen, bedarf es also zusätzlich zur
gesetzlichen Rente einer
Betriebsrente und einer
Riester-Rente. Wer beides nicht hat, weil er z. B. in einem
Kleinbetrieb gearbeitet hat ohne die Möglichkeit, Anspruch auf
eine Betriebsrente zu erwerben, oder weil er im
Niedriglohnsektor tätig war und entweder gar kein Geld fürs
Riestern übrig hatte oder sich ausrechnen konnte, dass ihm das
Riestern nichts bringen würde, weil seine Riester-Rente auf die
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angerechnet
werden würde, muss also bereits jetzt als Rentner(in) in Armut
leben, wenn er lediglich durchschnittlich oder sogar
unterdurchschnittlich verdient hat und kein Vermögen besitzt.
Die Diskussion über die Höhe des Rentenniveaus ist für viele
jetzige und noch viel mehr zukünftige Rentner(innen) deshalb faktisch irrelevant,
weil sie sowieso auf die Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung angewiesen sind bzw. sein werden.
So notwendig und wichtig also Diskussionen über Maßnahmen wie ein
höheres Renteneintrittsalter, höhere Rentenbeitragssätze, eine
Absenkung des Rentenniveaus, einen höheren Bundeszuschuss zur
Rentenkasse und damit wohl zwangsläufig Steuererhöhungen, eine
Erhöhung des Mindestlohnes auf einen Betrag, der im Alter eine
Rente oberhalb der Grundsicherung ermöglicht, oder
Verbesserungen bei Betriebsrenten und Riester-Renten auch sind:
Das Hauptanliegen der Politik sollte es meines Erachtens sein, dass alle Bürger(innen) auch
im Alter in Würde leben können – und ein Leben in Würde über Jahre
hinweg lässt die Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung eben nicht zu, wie die Mitarbeiter(innen) aller
einschlägig befassten Hilfsorganisationen wie Caritas, Diakonie,
Arbeiterwohlfahrt usw. übereinstimmend berichten: Zwar könne
man, wenn man sehr sparsam sei, eine Weile mit der
Grundsicherung über die Runden kommen, aber spätestens wenn
Ersatzbeschaffungen bei Kleidung, Hausrat, Brille oder technischen
Geräten nötig würden, komme es in der Regel zu finanziellen
Problemen. Auch sei eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
kaum mehr möglich, da eine solche Teilhabe nahezu immer mit
Kosten verbunden sei. Es treten also fast die gleichen
finanziellen Probleme wie bei
Hartz IV auf. Bei Hartz IV kommt allerdings erschwerend
hinzu, dass dort das Existenzminimum noch gekürzt werden kann.
Bisherige Maßnahmen gegen Altersarmut
Als Maßnahme gegen Altersarmut wird 2019 eine
Grundrente eingeführt. Wer mindestens 35 Beitragsjahre in
der Rentenversicherung erreicht hat, soll Anspruch auf die neue
Grundrente haben.
Dabei werden auch Zeiten angerechnet, in denen der/die
Versicherte Angehörige gepflegt hat oder wegen Kindererziehung
vorübergehend nicht berufstätig war. Nur-Hausfrauen werden
dagegen wohl nur sehr selten einen Anspruch auf Grundrente
haben, denn auf 35 Jahre Kindererziehung oder Angehörigenpflege
wird wohl kaum eine Nur-Hausfrau kommen. Außerdem muss der/die
Versicherte wie bei der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung bedürftig sein. Das bedeutet konkret, dass die
Deutsche Rentenversicherung prüft, ob die Rente über dem
Grundsicherungsniveau oder darunter liegt.
Die Grundrente soll 10 Prozent über dem regionalen
Grundsicherungsbedarf liegen. Der bundesweite Schnitt in der
Grundsicherung liegt derzeit bei rund 800 €. Damit wird die
Grundrente 2019 im Durchschnitt bei ca. 880 € monatlich liegen. Angesichts
dieser Differenz und der bereits erwähnten Tatsache, dass die
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowieso zu
niedrig ist, um ein Leben in Würde über Jahre hinweg zu
ermöglichen, frage ich mich, warum man nicht einfach die
Grundsicherung auf einen angemessenen Betrag erhöht. In einem
weiteren logischen Schritt könnte man dann die Witwen- und
Witwerrente, die
bekanntlich nicht auf eigenen Leistungen/Beiträgen beruht,
abschaffen bzw. bei entsprechendem Bedarf durch die
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ersetzen. Dass
freilich auch ein Betrag von 880 € monatlich in vielen Städten
Deutschlands für ein wenigstens halbwegs sorgenfreies Leben im
Alter bei Weitem nicht ausreicht, dürfte bekannt sein.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich innerhalb des
bestehenden deutschen Rentensystems der Lebensstandard im Alter nicht halten
lässt, sofern man nicht in irgendeiner Weise privat vorgesorgt
hat. Aber selbst bei Bezug einer Betriebsrente und einer
Riester-Rente erreicht man meistens nicht den letzten Nettolohn.
Zudem werden Betriebsrenten und Riester-Renten in der Regel
nicht entsprechend der Inflationsrate – oder auch gar nicht – erhöht. Es ist für den
Einzelnen auch relativ egal, ob das Rentenniveau 47 oder 48 oder
49 Prozent beträgt: Geringverdiener und auch Normalverdiener mit
längeren Zeiten der Arbeitslosigkeit oder sonstigen Auszeiten
werden auf der Basis des derzeitigen Rentensystems in den
kommenden Jahrzehnten keine gesetzliche Rente mehr erhalten, die
fühlbar über dem Existenzminimum liegt. Zwar kann man den
Beitragssatz, das Renteneintrittsalter und den Bundeszuschuss
wahrscheinlich noch ein wenig erhöhen, aber Geringverdienern und
Personen mit unterbrochenen Erwerbsbiographien wird man damit
kaum helfen.
Weitere mögliche Maßnahmen zur Rentensicherung:
Ausweitung des Kreises der Beitragszahler und Abkehr vom Prinzip
der Entsprechung von Rentenhöhe und Beitragszahlungen
Wenn man allen Rentner(inne)n ein Leben spürbar über dem
Existenzminimum ermöglichen möchte, kann man zum einen den Kreis
der Beitragszahler erweitern und zum anderen die prinzipielle
Abhängigkeit der Rentenhöhe von der Höhe der eingezahlten
Beiträge aufheben oder zumindest lockern. Der Kreis der
Beitragszahler ließe sich außer durch die Zuwanderung von
Fachkräften oder von Menschen, die zu Fachkräften ausgebildet
werden wollen und können, durch die Einbeziehung von Beamten,
Selbständigen, Zeit- und Berufssoldaten, Richtern etc. in die
gesetzliche Rentenversicherung vergrößern. Diese müssten dann
auf ihre gesamten Einnahmen und nicht nur auf einen geringen
Teil davon Rentenversicherungsbeiträge zahlen und auch
rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer sollten entsprechend
unter Wegfall der Beitragsbemessungsgrenze nicht nur auf ihr
gesamtes Arbeitseinkommen, sondern auch auf zusätzliche
Einnahmen z. B. aus Aktienbesitz, Vermietung oder Verpachtung
etc. Rentenversicherungsbeiträge leisten müssen. Dann würde
selbst ohne Erhöhung von Beitragssatz, Renteneintrittsalter oder
Bundeszuschuss deutlich mehr Geld für Rentenzahlungen zur
Verfügung stehen.
Einen dauerhaften Entlastungseffekt hätte die Erweiterung des
Kreises der Beitragszahler ohne weitere Maßnahmen allerdings nur
bei jenen Personenkreisen, bei denen der Staat derzeit die
Altersversorgung voll übernimmt, ohne dass vorher Beiträge zur
Altersversorgung entrichtet worden sind, also bei Beamten,
Soldaten und Richtern, deren Altersversorgungniveau zudem das
Rentenniveau der gesetzlich Rentenversicherten deutlich
übersteigt. Diese Personenkreise müssten fortan selbst zu ihrer
Altersversorgung beitragen und hätten im Alter deutlich
geringere Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu
erwarten, als sie bislang als Pension ohne jede eigene
Vorsorgeleistung vom Staat erhalten.
Bei gut verdienenden Selbständigen, also z. B. Freiberuflern,
Gewerbetreibenden und Unternehmern, bei Arbeitnehmern mit einem
Entgelt oberhalb der bislang geltenden Beitragsbemessungsgrenze
und bei Arbeitnehmern mit weiteren, dann rentenversicherungspflichtig werdenden Einkünften, z. B.
aus Aktienbesitz oder Vermietung und Verpachtung, würde die
Einbeziehung wahrscheinlich nur in jenem Fall dauerhaft einen
finanziellen Spielraum eröffnen, wenn als zusätzliche Maßnahme
die maximale Rentenhöhe begrenzt würde. Dann nämlich würden
Gut-, Besser- und Bestverdienende im Durchschnitt mehr
einzahlen, als ihnen an Rente im Durchschnitt ausgezahlt würde,
und die Differenz könnte zur Erhöhung andernfalls sehr niedriger
Renten eingesetzt werden.
Auch bei der jährlichen Rentenanpassung könnte man Änderungen
zugunsten der Bezieher(innen) niedriger Renten vornehmen. Man
könnte z. B. feste Sockelbeträge bei Rentenerhöhungen einführen,
wie es sie bei Tarifabschlüssen gibt und wie ich sie auch für
die Rente bereits im Text
Gemeinwohl statt
Egoismus! vorgeschlagen habe. Allerdings ist nicht jeder Mensch,
der nur eine kleine Rente erhält, auch tatsächlich arm: Er kann
einen Ehepartner mit guter Rente haben oder vermögend sein. Eine
Bedürftigkeitsprüfung wäre deshalb wohl bei allen Maßnahmen, die
darauf zielen, Empfänger(innen) niedriger Renten zu bezuschussen
bzw. besser zu stellen, als es den Einzahlungen entspricht,
generell nicht zu vermeiden.
Einheitsrente
Schließlich wäre auch die Zahlung einer auskömmlichen
Einheitsrente an jede Bürgerin und jeden Bürger nach Vollendung
des 67. Lebensjahres denkbar. Dann könnte man die
Rentenversicherung komplett abschaffen und die Kosten für die
Einheitsrente aus der Steuerkasse bezahlen. Die Steuern müssten
natürlich so gestaltet werden, dass die Einheitsrente
tatsächlich aus Steuermitteln bezahlt werden kann. Angesichts
des Wegfalls der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur
Rentenversicherung sollte das wohl machbar sein: Man könnte z.
B. die Einkommensteuer erhöhen und eine
Wertschöpfungssteuer und/oder eine
Wertschöpfungsabgabe einführen. Außerdem ist die Einführung
der
Tobin-Steuer schon lange überfällig. Eine
Bedürftigkeitsprüfung wäre bei der Einheitsrente nicht nötig:
Diejenigen, die bedürftig sind, hätten sowieso Anspruch auf sie
und jene, die nicht bedürftig sind, hätten durch ihre
Steuerzahlungen ein Anrecht auf sie erworben.
Entstehungszeit: November 2018
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