Kritik des reinen Kapitalismus

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Der Kapitalismus ist eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, in der das Kapital (Maschinen, Fabriken, Geld) die Faktoren Arbeit und Grundbesitz dominiert und das primäre Ziel der Kapital besitzenden Wirtschaftssubjekte zumeist die maximale Vermehrung des investierten bzw. zu investierenden Kapitals ist. Politische Grundlagen des Kapitalismus sind die freie Verfügung der Wirtschaftssubjekte über das Privateigentum, insbesondere auch über das Privateigentum an den Produktionsmitteln wie Maschinen und Fabriken, sowie die Freiheit der Wirtschaftssubjekte, nach eigenem Ermessen ihr Kapital zu investieren und als Unternehmer Waren und Dienstleistungen ihrer Wahl auf einem freien, weitgehend unregulierten, im Prinzip weltweiten Markt anzubieten. Dabei richten sich die Unternehmen nach den erkennbaren oder vermuteten oder mittels Werbung zu weckenden Wünschen und Bedürfnissen sowie nach der Kaufkraft der (potenziellen) Konsumenten.

Idealiter stehen die Unternehmen in Konkurrenz zueinander und müssen sich deshalb bemühen, Waren anzubieten, die die Kundenbedürfnisse und -wünsche möglichst optimal erfüllen. Der Wettbewerb der Unternehmen untereinander führt zu Investitionen in neue Technologien, um die angebotenen Produkte und Dienstleistungen zu verbessern sowie neue, noch bessere zu kreieren und um rationellere, kostengünstigere Produktionsverfahren zu entwickeln. – Inzwischen dominieren allerdings in vielen Branchen einige wenige große Unternehmen weltweit den Markt. Für den Konsumenten ist das nicht immer ersichtlich, weil die früher selbständigen und dann von größeren Unternehmen aufgekauften Firmen häufig formal als eigenständige Unternehmen mit eigenen Marken erhalten bleiben. Dadurch wird der Anschein von Wettbewerb erzeugt, den es in Wahrheit aber oft kaum mehr gibt, weil die scheinbar miteinander konkurrierenden Unternehmen letztlich zum gleichen Konzern gehören oder zumindest durch Aktienbesitz miteinander verbunden sind.

Im Idealfall hat der Kunde den vollständigen Überblick über das weltweite Angebot und kauft nach rationalen Kriterien ein. Dabei zählt zu den wichtigsten Kriterien häufig die Preisgünstigkeit des Angebotes – bei Statussymbolen allerdings nicht zwingend. In der Praxis freilich hat der Kunde weder die Zeit noch die Möglichkeit, alle Angebote zu erkunden und miteinander zu vergleichen, und entscheidet meistens mehr oder weniger spontan nach Erfahrungswerten und aufgrund von Gewohnheiten. Durch die Werbung und das soziale Umfeld wird er zudem häufig veranlasst, Waren zu kaufen, die einen höheren Status oder Glücksgefühle verheißen, aber objektiv überflüssig sind.

Aufgabe des Staates ist es nach der reinen kapitalistischen Lehre, das Privateigentum und die Freiheit des Wirtschaftens zu schützen und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Außerdem muss er dafür sorgen, dass der – stets durch das Streben der Unternehmen nach Monopolen, Oligopolen oder Kartellen gefährdete – Wettbewerb funktioniert und neue Marktteilnehmer tatsächlich Zugang zum Markt erhalten.

Soziale Marktwirtschaft
Wo es Gewinner gibt, gibt es in der Regel auch Verlierer: Wenn ein Unternehmen Kunden und Marktanteile verliert, weil es zu schlechte oder zu teure oder veraltete oder nicht trendige und deshalb nicht nachgefragte Waren anbietet oder weil es seine Waren schlecht vermarktet, kann es zu Kapital- und Arbeitsplatzverlusten oder sogar zum Bankrott des Unternehmens kommen. Gleiches kann – bei kleineren Betrieben  – passieren, wenn der Betrieb zahlungsunfähig wird, z. B. weil Großkunden ihre Rechnungen nicht rechtzeitig begleichen und die Bank keinen Überbrückungskredit einräumt.

Die Arbeitnehmer sind für Fehlentscheidungen des Unternehmers oder des Managements oder der Banken natürlich nicht verantwortlich, müssen aber in Form von Arbeitsplatzverlusten oder von Lohnverzicht zwecks – oft nur vorläufigen – Erhalts der Arbeitsplätze die Folgen tragen, während die Manager meistens finanziell bestens abgesichert sind und lediglich einen Prestigeverlust zu befürchten haben. Die Arbeitnehmer sind auch nicht – bzw. allenfalls indirekt in ihrer Rolle als knauserige Konsumenten – verantwortlich, wenn zu wenige neue Arbeitsplätze entstehen und deshalb Arbeitslose keinen neuen Arbeitsplatz finden, Berufsanfänger keinen Erstjob und Schulabgänger keinen Ausbildungsplatz. Was man dennoch gegen die Arbeitslosigkeit tun kann, habe ich bereits in früheren Texten – z. B. in Kein Recht auf Faulheit? und Was braucht der Mensch? Vom steuerfreien Existenzminimum und notwendigen Luxus – skizziert.

Dabei scheint mir der Streit um angebots- oder nachfrageorientierte Maßnahmen ziemlich müßig zu sein: Ohne Angebot gibt es bei allen Waren, die keine Grundbedürfnisse befriedigen, keine Nachfrage, und ohne Geld kann man das Angebotene nicht kaufen. Der Staat muss also zum einen möglichst günstige Bedingungen für Investitionen schaffen – z. B. Rechtsklarheit und -sicherheit, gute Kindergärten, Schulen und Hochschulen und damit sowohl gut ausgebildete als auch verantwortungsbewusste sowie lern- und urteilsfähige Arbeitnehmer und Arbeitgeber, eine gute Infrastruktur, wenig Bürokratie – und kann zum anderen bei Bedarf – und unter der Voraussetzung, dass er über hinreichende finanzielle Mittel verfügt – die Nachfrage stimulieren, z. B. durch Senkung der Einkommensteuer oder der Sozialversicherungsbeiträge oder durch eine Erhöhung des Sozialtransfers.

Um die mit dem Kapitalismus untrennbar verbundenen Härten des Wettbewerbs und damit von Unternehmens- und Arbeitsplatzverlusten zu mildern, gibt es in Deutschland Arbeitslosengeld I, Arbeitslosengeld II und Hilfen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Wegen dieser und sonstiger Hilfen für in Bedrängnis geratene Arbeitnehmer – z. B. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Krankengeld, Grundsicherung bei dauernder Erwerbsunfähigkeit – sowie wegen des regulierenden Eingreifens des Staates in den Markt mit dem Ziel, erstens Wettbewerb zu ermöglichen und zweitens für einen fairen Wettbewerb zu sorgen, spricht man von Sozialer Marktwirtschaft.

Lohnhöhe und Mindestlöhne
In einer Marktwirtschaft – auch in einer Sozialen Marktwirtschaft – wird das Entgelt in der Regel zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern frei ausgehandelt, und zwar zumeist nicht zwischen dem einzelnen Arbeitnehmer und dem Unternehmen, das sich dem einzelnen Arbeitnehmer gegenüber gewöhnlich in einer deutlich überlegenen Position befindet, sondern zwischen den Tarifpartnern, also Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften. In Zeiten von Massenarbeitslosigkeit und der drohenden oder tatsächlichen Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland können freilich insbesondere Arbeitgeber ohne Tarifbindung die Löhne in manchen Regionen und Branchen inzwischen nahezu nach Belieben drücken und Löhne anbieten, die unter dem Existenzminimum für eine Einzelperson liegen. Denn infolge von Hartz IV sind alle Bezieher von Arbeitslosengeld II gezwungen, jeden nicht sittenwidrigen Job, also auch jeden nicht ihrer Qualifikation entsprechenden, jeden untertariflich bezahlten, jeden weit entfernten und somit voraussichtlich zum Verlust sozialer Bindungen führenden sowie jeden Minijob anzunehmen. Hartz IV ist damit faktisch eine Einladung an die Arbeitgeber, Löhne unterhalb des Existenzminimums zu zahlen und ihr Unternehmen über Arbeitslosengeld II vom Steuerzahler subventionieren zu lassen. Kombilöhne haben den gleichen Effekt.

Um das zu unterbinden, wäre erstens ein allgemeiner Mindestlohn erforderlich, der über dem soziokulturellen Existenzminimum liegen sollte, zweitens ein wirklich die Existenz sicherndes – und nicht entwürdigendes, also z. B. schnüffelfreies – Arbeitslosengeld II und drittens eine Änderung der Zumutbarkeitskriterien: Nur wenn Arbeitslose nicht jeden angebotenen Job annehmen müssen, sind Arbeitgeber gezwungen, attraktive Jobs bzw. Jobs zu angemessenen Bedingungen anzubieten.

Managergehälter und Unternehmensgewinne
Aber nicht nur über die Höhe von Mindestlöhnen, sondern auch über jene von Managergehältern wird derzeit gern diskutiert. Diese Diskussion mutet allerdings etwas merkwürdig an: Natürlich werden mit hohen Managergehältern nicht die Leistungen der Manager im Sinne von Arbeitseinsatz bzw. -belastung honoriert – dann müssten viele Putzfrauen, Krankenpfleger etc. mehr verdienen als Manager –, sondern deren hoffentlich gute Ideen und richtige Entscheidungen, die den Unternehmensgewinn steigern, die Arbeitsplätze sichern und das Unternehmen für den Wettbewerb fit machen sollen: Auch ein fauler Manager kann ein guter Manager sein und sein Gehalt ist in erster Linie in Relation zum derzeitigen und künftig zu erwartenden Unternehmensgewinn zu bewerten und nicht vorrangig in Relation zum Gehalt und zur Arbeitszeit des Pförtners. Manager sollen sich schließlich wie Unternehmer für das Unternehmen einsetzen und es dank ihrer guten Ideen und ihrer Tatkraft nicht nur kurz-, sondern auch mittel- und langfristig voranbringen. Im Gegensatz zu Unternehmern setzen Manager freilich nicht ihr eigenes Vermögen aufs Spiel, sondern das der Aktionäre, weshalb ihr Gehalt kein Lohn für eingegangene finanzielle Risiken sein kann.

Trotzdem: Hohe Gehälter für erfolgreiche Manager sind durchaus zu rechtfertigen: Zwar gab und gibt es viele Wissenschaftler, Erfinder etc., die mehr zum Wohl der Menschheit beigetragen haben als die meisten Manager und dennoch nicht üppig entlohnt worden sind bzw. werden, aber andererseits ist es offenkundig gesellschaftlich akzeptiert, dass Sportler, Sänger, Entertainer etc. zum Teil noch sehr viel mehr verdienen als Manager und sogar – wie Franz Beckenbauer, Michael Schumacher und andere prominente Steuerflüchtlinge – ihr in Deutschland erspieltes Geld im Ausland versteuern. Wer kann dann Managern hohe Gehälter verargen? Dafür zu sorgen, dass von den Gehältern ein angemessener Teil dem Gemeinwohl zugute kommt, ist Aufgabe der Steuergesetzgebung.

Erst wenn ein Manager trotz hoher Unternehmensgewinne und eigenen hohen Einkommens Entlassungen oder Lohnsenkungen durchsetzt, sind kritische Nachfragen angebracht. Wer Mitarbeiter entlassen muss, weil das Unternehmen andernfalls an Wettbewerbsfähigkeit verliert, kann zwar durchaus verantwortungsvoll handeln, ist jedoch sicherlich kein uneingeschränkt erfolgreicher Manager und sollte dafür nicht auch noch zusätzlich finanziell belohnt werden. Ebenso sollte ein Manager, der dafür verantwortlich ist, dass das Unternehmen weniger Gewinn als zuvor oder sogar Verlust macht, mit seinem Privatvermögen in jenem Maße dafür haften, in dem er vorher am Gewinn beteiligt war. Falls er ohne Rückendeckung durch Aktionäre und Arbeitnehmer unüblich hohe Risiken eingegangen ist, sollte er meines Erachtens sogar grundsätzlich mit seinem gesamten Privatvermögen für dadurch entstandene Verluste haften.

Generell ist die Beteiligung von Managern am Unternehmensgewinn allerdings nicht unbedingt ratsam, denn erwiesenermaßen besteht dann die Gefahr, dass sie sich darauf konzentrieren, Strategien zur kurzfristigen Erhöhung des Unternehmensgewinns und damit ihrer eigenen Einkünfte zu entwickeln, statt an die mittel- und langfristige Entwicklung des Unternehmens zu denken. Auch erhöhen finanzielle Leistungsanreize nachweislich nicht oder allenfalls kurzfristig die Kreativität und das Engagement von Mitarbeitern: Wer kein Interesse an seiner Arbeit hat, wird auch bei besserer Bezahlung sich nicht auf Dauer in höherem Maße für sie interessieren – während eine Reduzierung des Entgelts durchaus die Motivation weiter verringern kann. Wer dagegen sowieso schon sehr engagiert arbeitet, kann seine Leistung auch bei höherer Bezahlung kaum noch steigern. Schließlich ist zu beachten, dass oberhalb einer gewissen Einkommensgrenze für die meisten Menschen nicht mehr in erster Linie die absolute Höhe der Vergütung wichtig ist, sondern die Relation zum Einkommen anderer Menschen: Wer 12 Millionen Euro im Jahr verdient, lebt nicht zwölfmal besser als jemand, der "nur" 1 Million Euro verdient, sondern für ihn zählt vor allem, dass er viel mehr als sein Managerkollege erhält und sein Ansehen entsprechend höher ist: Viele Manager sind nämlich – wie viele andere Menschen auch – nicht nur geldgierig, sondern auch geltungssüchtig.

Im Übrigen aber sollte man meines Erachtens statt über die Höhe von Managergehältern besser über eine höhere Besteuerung hoher und höchster Einkommen nachdenken, und zwar insbesondere jener, die nicht auf eigener Arbeit oder "Leistung" beruhen, sondern z. B. auf Zinsen, Dividenden, Aktiengewinnen, Mieteinnahmen, Schenkungen, Erbschaften etc. Zu fragen ist ja nicht nur, wie hoch die Gehälter der Manager im Vergleich zum Lohnniveau der übrigen Beschäftigten des Unternehmens sind, sondern auch, wie hoch oder niedrig im Vergleich zum Gewinn der Aktionäre, insbesondere der Großaktionäre, die selber nichts dafür getan haben.

Globalisierung
Unter Globalisierung in wirtschaftlicher Hinsicht versteht man gemeinhin das rasante Anwachsen des weltweiten Warenhandels und der Auslandsinvestitionen vor allem in den letzten Jahrzehnten. Zwar gibt es weltweiten Fernhandel mit Luxusgütern bereits seit der Antike und weltweiten Fernhandel mit Rohstoffen und Gütern des täglichen Bedarfs in großem Stil bereits seit dem 19. Jahrhundert, aber zu einer Konkurrenz für die etablierten Unternehmen der Industriestaaten und vor allem für deren Beschäftigte hat die Globalisierung im Wesentlichen erst in den letzten Jahrzehnten geführt, seitdem sich Russland, China, Indien und die osteuropäischen Länder für den Weltmarkt geöffnet haben und asiatische Staaten wie Japan oder Südkorea den technologischen Standard der alten Industrienationen erreicht bzw. partiell sogar übertroffen haben.

Globalisiert wurden nicht nur der Warenhandel, sondern vielfach auch der Produktionsprozess, der Service und sogar die Verwaltung: Bei vielen höherwertigen, als Endprodukt aus Deutschland stammenden Waren z. B. werden die Einzelteile in Ländern mit niedrigerem Lohnniveau hergestellt und in Deutschland lediglich zusammengefügt, und große europäische und amerikanische Unternehmen haben ihre Buchhaltung, ihre Callcenter und ihre IT-Bereiche in kostengünstigere Schwellenländer ausgelagert.

Die Basis der Globalisierung bilden der Abbau von Handelshemmnissen, insbesondere von Importzöllen und mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen für bestimmte, auch von der jeweiligen heimischen Wirtschaft hergestellte Waren, die Verfügbarkeit preiswerter Energieträger, insbesondere von Erdöl, für den Transport von Waren, die Verfügbarkeit schneller und kostengünstiger Kommunikationsmittel wie Telefon, Fax und E-Mail sowie die Freiheit von Individuen und Unternehmen, dort zu investieren, wo es ihnen am profitabelsten erscheint.

Positive Folgen der Globalisierung
Die Folgen der Globalisierung sind teils positiv, teils negativ, wobei meines Erachtens die bisherigen negativen Folgen teilweise hätten vermieden werden können, wenn der notwendige Strukturwandel und die Öffnung von wirtschaftlich wenig entwickelten Ländern für den Welthandel behutsamer vorgenommen worden wären und man mehr auf die Umwelt und die Bedürfnisse der Bevölkerung geachtet hätte. Die chinesische Regierung z. B. hat – auch wenn ihre Menschenrechts- und Umweltpolitik mangelhaft sind – gut daran getan, China nicht bedingungslos dem Weltmarkt zu öffnen, sondern darauf zu achten, dass sie Herr im eigenen Hause bleibt und Investitionen ausländischer Unternehmen zu einem nachhaltigen wirtschaftlichen und technologischen Fortschritt im eigenen Land führen. Ähnliches gilt für Malaysia und Indien.

Zu den positiven Folgen der Globalisierung zählt, dass die Zahl der Armen in den Entwicklungs- und Schwellenländern – abgesehen von den afrikanischen Staaten südlich der Sahara, die bislang an der Globalisierung kaum Anteil haben – deutlich abgenommen hat, auch wenn es weltweit immer noch erschreckend viel Hunger und Elend und viele vermeidbare Krankheiten und Todesfälle gibt. Mehreren hundert Millionen Menschen jedoch geht es dank der Globalisierung wirtschaftlich bedeutend besser: Sie haben bezahlte Arbeit und dadurch mehr Geld und Wohlstand als vorher – wenn auch häufig derzeit noch schlechtere Arbeitsbedingungen und weniger Geld als vergleichbare Beschäftigte in den alten Industrienationen. Falls China, Indien, Brasilien, Russland etc. freilich den derzeitigen westlichen Lebensstandard anstreben, wird das für die Umwelt und den Ressourcenverbrauch vermutlich verheerende Folgen haben.

Profitiert haben außerdem jene Unternehmen, die groß oder flexibel genug waren, die Globalisierung zu nutzen, insbesondere natürlich Unternehmen, die Produkte herstellen, die mit hohen Entwicklungskosten, aber relativ geringen Produktions- und Transportkosten verbunden sind, z. B. Softwarehersteller oder Pharmafirmen, sowie Unternehmen, die sehr spezialisierte und hochwertige Produkte anbieten, für deren hinreichenden Absatz die Nachfrage der heimischen Volkswirtschaft zu gering ist, z. B. Unternehmen der Investitionsgüterindustrie. Durch den Wegfall von Handelsschranken hat sich aber nicht nur der Absatzmarkt der Unternehmen vergrößert, sondern viele Unternehmen haben neue, zusätzliche Produktionsstandorte errichtet, um zum einen gegenwärtige Lohndifferenzen und sonstige Kostenvorteile wie z. B. niedrige Unternehmenssteuern zu nutzen und zum anderen – bei einem zu erwartenden langfristigen Anstieg der Löhne und damit der Kaufkraft in den Schwellenländern – den potenziellen künftigen Kunden vor Ort Service bieten zu können. Mit den Unternehmen profitiert haben natürlich die Unternehmenseigner und -lenker, also Unternehmer oder Aktionäre sowie Manager.

Zu den Gewinnern der Globalisierung gehören schließlich im Prinzip die Verbraucher: Der weltweite Wettbewerb erhöht das Angebot sowohl der Menge als auch der Vielfalt und Qualität nach und lässt die Preise sinken. Dabei sollte man freilich nicht übersehen, dass ein Gutteil des Preisverfalls derzeit darauf beruht, dass die Unternehmen in den wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern für die Beschäftigten in der Regel weniger Lohn und Sozialleistungen zahlen sowie den Arbeits- und den Umweltschutz laxer handhaben (dürfen) als in den europäischen bzw. westeuropäischen Staaten. Auch ist zu beachten, dass die Arbeitnehmer in Deutschland zwar als Verbraucher von der Globalisierung profitieren können, als Lohnabhängige aber auf absehbare Zeit zumeist darunter zu leiden haben werden.

Negative Folgen der Globalisierung
Damit sind wir bei den negativen Folgen – nicht nur, aber auch – der Globalisierung, zu denen vor allem der dramatisch ansteigende Verbrauch von Rohstoffen und fossilen Energieträgern, der Klimawandel, die zunehmende Umweltzerstörung z. B. durch Abholzung der tropischen Regenwälder und Verschmutzung der Meere, die Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung anderer Länder und den internationalen Kapitalmärkten sowie die Vernichtung heimischer, technologisch nicht international konkurrenzfähiger Unternehmen und Wirtschaftszweige mit der Folge von Arbeitslosigkeit und materieller Not der betroffenen Erwerbstätigen zählen.

Speziell in den etablierten Industrienationen und vor allem in Deutschland hatte und hat die Globalisierung für die meisten Arbeitnehmer zur Folge, dass die Löhne durch die Konkurrenz von Billiglöhnern in den Entwicklungs- und Schwellenländern stagnieren oder sogar sinken und das verfügbare Einkommen sowie die reale Kaufkraft der Arbeitnehmerhaushalte seit Jahren immer geringer werden – während Einkommen und Kaufkraft der Freiberufler, Manager und Kapitalbesitzer, insbesondere der Unternehmer und Aktionäre, im gleichen Zeitraum kräftig stiegen.

Die Konkurrenz durch Billiglöhner hat dabei nicht nur für die Beschäftigten in exportorientierten Branchen und in Branchen, die für den heimischen Markt Waren fertigen, die im Ausland preiswerter hergestellt werden können, stagnierende oder sinkende Löhne zur Folge: Weil die Kaufkraft der Konsumenten insgesamt abnimmt, schrumpfen die Umsätze und Gewinne des Einzelhandels und der heimischen Konsumgüterindustrie, was wiederum die Beschäftigten dieser Branchen in Form von Entlassungen oder stagnierenden / sinkenden Löhnen zu spüren bekommen. Das ist allerdings in vielen Branchen trotzdem kein hinreichendes Argument für Niedrigstlöhne: Die häufig beschämend niedrigen Löhne z. B. von Leiharbeitern, Friseusen, Haushaltshilfen, Beschäftigten in der Gastronomie, Taxi- und Kurierfahrern etc. sind in der Regel keine unmittelbare Folge der Globalisierung, sondern des Überangebotes an Arbeitskräften.

Da die Einnahmen des Staates wegen der niedrigeren Löhne bzw. des geringen Lohnanstiegs, der hohen Arbeitslosigkeit und der deswegen fehlenden Steuern und Sozialbeiträge, der fast gleichzeitig mit Hartz IV vorgenommenen Senkung des Steuersatzes für Spitzenverdiener sowie diverser Steuergeschenke für Unternehmen nicht mehr ausreichten, die Ausgaben für Arbeitslosenhilfe, Renten und Beamtenpensionen zu decken, wurde die Arbeitslosenhilfe zugunsten des in der Regel wesentlich niedrigeren Arbeitslosengeldes II abgeschafft und die Rentenformel so geändert, dass die Renten jetzt faktisch eingefroren sind und Neurentner wesentlich geringere Renten erhalten. Am schlimmsten traf und trifft es alle, die zum Überleben auf die Hilfe des Staates angewiesen sind: Da Arbeitslosengeld II, Grundsicherung etc. – insgesamt also die frühere Sozialhilfe – nicht mit der Inflationsrate steigen, wird die Not der Armen immer größer.

Konsequenzen
Als wichtigste Konsequenz aus der Globalisierung müssen die Investitionen in Bildung und Ausbildung deutliche Priorität genießen: Zwar schützt selbst eine gute Ausbildung nicht absolut vor Arbeitslosigkeit, wie u. a. Lehrer, Physiker, Chemiker, Biologen, Ingenieure und Informatiker sowie fast sämtliche Geisteswissenschaftler in den letzten Jahrzehnten erfahren mussten, aber die Wahrscheinlichkeit, (wieder oder doch noch) einen guten Arbeitsplatz zu finden, steigert sie beträchtlich. Wer noch nicht oder falsch oder nicht hinreichend qualifiziert ist, sollte eine Erst- oder Zweit- oder Zusatzausbildung mit Zukunftsperspektive absolvieren können. Klar ist jedenfalls, dass Deutschland in Ermangelung von Rohstoffen und angesichts seines Lohnniveaus nur mit hochwertigen und innovativen Produkten sowie hervorragend qualifizierten Arbeitskräften international konkurrenzfähig sein und den bisherigen Lebensstandard halten kann.

Alle, die längere Zeit arbeitslos sind, sollten sinnvolle, ihren Fähigkeiten und möglichst zumindest halbwegs auch ihren Neigungen entsprechende Arbeits-, Aus- oder Weiterbildungsangebote erhalten – womit keine 1-Euro-Jobs oder Minijobs oder Jobs bei Leiharbeitsfirmen gemeint sind, die tendenziell reguläre Arbeitsplätze vernichten, und auch keine untertariflich bezahlten bzw. den Lebensunterhalt einer Einzelperson nicht sichernden Jobs. Ziel der Arbeitsagenturen darf es nicht sein, Menschen in Jobs ohne Zukunft zu drängen. Speziell zur Leiharbeit schlage ich vor, gesetzlich vorzuschreiben, dass Leiharbeiter zumindest jenen Lohn erhalten müssen, den ihre festangestellten Kollegen im jeweiligen Betrieb bekommen, damit für die Arbeitgeber der finanzielle Anreiz entfällt, reguläre Arbeitsplätze abzubauen und stattdessen Leiharbeiter zu beschäftigen. Eigentlich müssten Leiharbeiter zur Belohnung ihrer Flexibilität und als Ausgleich für die verstärkte psychische Belastung sogar besser bezahlt werden als die Stammbelegschaft.

Für Personen, die wegen physischer oder psychischer Handikaps oder wegen ihres Alters oder deswegen, weil sie dem Arbeitsmarkt – z. B. wegen der Pflege von Angehörigen – nicht voll zur Verfügung stehen, keine Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben, sollte der zweite Arbeitsmarkt ausgebaut werden, denn es ist besser, aus Steuermitteln Arbeitsplätze zu finanzieren als Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung zu zahlen. Solche Arbeitsplätze könnten im sozialen oder kulturellen Bereich angesiedelt sein.

Wer arbeitsunfähig oder im Rentenalter und auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, sollte eine ausreichende Grundsicherung erhalten, die eine Teilhabe am sozialen Leben ermöglicht und jährlich an die Inflationsrate anzupassen ist.

Alles das muss natürlich finanziert werden, und da die Einkommen der Arbeitnehmer seit Jahren eher sinken als steigen und auch nicht unbegrenzt mit immer höheren Steuern, Sozialabgaben und Eigenbeteiligungen z. B. bei Krankheit oder beim Aufbau von Rentenansprüchen belastet werden können, bietet es sich an, zum einen Ausgaben zu verschieben oder zu vermeiden, z. B. den Bau oder Ausbau von Straßen, die entweder nach kurzer Zeit sowieso wieder genau so verstopft sind wie die bestehenden oder vielleicht in einigen Jahren auch gar nicht mehr benötigt werden, wenn die Benzinpreise weiter wie bisher steigen, und zum anderen jene Personen verstärkt steuerlich zu belasten, die von der Globalisierung am meisten profitieren, also Kapitalbesitzer und deren Erben.

Das wäre zugleich ein Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit und zur Verhinderung der Verfestigung eines erblichen Geldadels, dessen Mitglieder langfristig die Demokratie aushöhlen und zu einer Plutokratie mit demokratischer Fassade werden lassen könnten. Eine Flat Tax auf Kapitaleinkünfte statt der bisherigen progressiven Besteuerung und die weitgehende Abschaffung der Erbschaftssteuer – zumal für reiche Unternehmenserben – sind meines Erachtens weder ökonomisch sinnvoll noch geeignet, das Vertrauen der faktisch vermögenslosen, auf Arbeit und/oder Sozialtransfer angewiesenen großen Mehrheit der Bevölkerung in die Weisheit und Gerechtigkeit von Politikern zu stärken. Wie ein vernünftiges und halbwegs gerechtes Steuersystem aussehen könnte, habe ich in dem Text Vorschläge für ein besseres Steuersystem bereits skizziert.

Notwendig zur Bewältigung der Globalisierung ist außerdem eine verstärkte internationale Kooperation der Staaten, um u. a. weitere Umweltzerstörungen zu verhindern, den Klimawandel zu begrenzen und soziale Mindeststandards festzulegen. Diese Erkenntnis ist freilich inzwischen Allgemeingut und findet sich mehr oder weniger explizit z. B. auch in den Parteiprogrammen von Bündnis 90/Die Grünen, CDU, CSU, Die Linke, FDP und SPD.

Bevor man mit anderen Staaten über Maßnahmen gegen weitere Umweltzerstörung, Luftverschmutzung etc. verhandelt, sollte man, um überzeugend auftreten zu können, im eigenen Land am besten schon einige entsprechende Maßnahmen ergriffen haben. Leider können einem manchmal erhebliche Zweifel kommen, dass das in Deutschland bereits geschehen ist, z. B. dann, wenn ein Unternehmer die Genehmigung für den Bau einer technisch veralteten, nach dem einhelligen Urteil der hiesigen Ärzte sowie der Wissenschaftler der Universität Paderborn die Gesundheit der Bevölkerung erheblich gefährdenden, zur Beseitigung des regionalen Mülls nicht benötigten, nur mit Problemmüll aus der ganzen Welt wirtschaftlich zu betreibenden Müllverbrennungsanlage in Paderborn-Mönkeloh – offenbar zur Täuschung der Bevölkerung als Heizkraftwerk tituliert – beantragt und letztlich wohl auch erhalten hätte, wenn es nicht wegen des massiven Widerstandes der Bevölkerung – und gegen Zahlung einer beträchtlichen finanziellen Abfindung durch die Stadt Paderborn – auf die Weiterverfolgung seiner ursprünglichen Pläne verzichtet hätte.

Zukunft der Globalisierung
Ob die Globalisierung eine Zukunft hat oder ob der weltweite Warenaustausch und die weltweite Arbeitsteilung im derzeitigen großen Umfang nur eine Episode sind, wird im Wesentlich davon abhängen, ob es gelingt, durch supranationale Absprachen und Maßnahmen Klimawandel und Umweltzerstörung zu stoppen, den Verbrauch von Rohstoffen zu begrenzen bzw. durch eine Kreislaufwirtschaft zu ersetzen sowie bezahlbaren Ersatz für die fossilen Energieträger, also im Wesentlichen Erdöl, Erdgas und Kohle, zu finden. Gelingt das nicht, werden der Welthandel, die weltweite Arbeitsteilung und der Tourismus schon wegen der dann sehr hohen Transportkosten wieder weitgehend zum Erliegen kommen.

Aber auch wenn wir es noch rechtzeitig schaffen sollten, unsere Lebensgrundlagen zu retten, Rohstoffe in hinreichendem Umfang zu recyceln und erneuerbare bzw. praktisch unerschöpfliche Energien wie Wasser, Wind und Sonnenlicht als Ersatz für Erdöl, Erdgas, Kohle und Uran zu nutzen, wäre noch nicht gesichert, dass die Globalisierung die Menschheit insgesamt wohlhabender und friedfertiger macht: Das wäre erst dann zu erwarten, wenn die Globalisierung zu einer annähernden Gleichheit der Lebensverhältnisse oder wenigstens einer Zufriedenheit mit den jeweiligen Lebensverhältnissen innerhalb der und zwischen den Staaten führen würde, die Terrorismus, Kriege, blutige Verteilungskämpfe und Flüchtlingsströme obsolet werden ließen. Denn die Globalisierung des Wissens und der Informationsflüsse und damit u. a. der Kenntnis der Lebensverhältnisse anderswo wird sich trotz vieler Versuche vor allem diktatorischer Regierungen, Informationen zu unterdrücken, wohl nicht mehr auf Dauer aufhalten oder rückgängig machen lassen.

Speziell in Deutschland müsste die Kluft zwischen der (fast) vermögenslosen und immer ärmer werdenden großen Mehrheit der Bevölkerung, die von Lohn und/oder Sozialtransfer (Rente, Kindergeld, Elterngeld, Arbeitslosengeld, Grundsicherung etc.) lebt, und jenen paar Prozent der Bevölkerung, die von den Erträgen ihres Vermögens leben können und immer reicher werden, wieder verkleinert werden. Ob es zu einem nationalen und supranationalen Ausgleich der materiellen Interessen kommt, sollte man freilich nicht primär Unternehmern und Managern überlassen, die systemkonform eher auf Egoismus und Konkurrenz als auf Ausgleich geeicht sind. Engagement für Gerechtigkeit und Frieden sollte man vielmehr vor allem von –  insbesondere demokratischen – Politikern erwarten dürfen, die sich dem Gemeinwohl verpflichtet wissen.

Börsen und Aktiengesellschaften
An der Börse werden, wie jeder weiß, Aktien, Anleihen, Devisen etc. gehandelt. Dieser Handel hat, da durch ihn die Kaufkraft und Kreditwürdigkeit ganzer Volkswirtschaften sowie die Besitzverhältnisse bei Aktiengesellschaften geändert werden können, erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen. Umso erschreckender ist es, dass die Aktienkurse keineswegs getreu die Stärke oder Schwäche von Unternehmen widerspiegeln, sondern oft mehr oder weniger willkürlich sind. Denn nicht allein die nackten wirtschaftlichen Tatsachen bestimmen den Kurs, sondern auch – und oft überwiegend – die Erwartungen und Befürchtungen (potenzieller) Anleger, die Ratschläge – oder Manipulationsversuche – so genannter Wirtschaftsexperten und Analysten sowie das Verhalten der übrigen Marktteilnehmer, z. B. die Manöver professioneller Spekulanten, die mit publikumswirksamen An- und Verkäufen Kurse gezielt zu beeinflussen suchen. Wer nicht an einem sehr langfristigen, breit gestreuten Einsatz und an Dividenden interessiert ist, lässt sich daher als Kleinanleger beim Börsenhandel auf nichts anderes als ein Glücksspiel bzw. aufs Wetten ein. Das gilt natürlich erst recht für das Zocken mit Derivaten etc.

Wegen der Irrationalität und des Glücksspielcharakters und des kurzfristigen Gewinnhorizontes vieler Aktionen an den Finanzmärkten ist zu überlegen, wie man solide agierende, aber an der Börse unterbewertete oder aus sonstigen Gründen ins Visier von Firmenjägern geratene Unternehmen vor Hedgefonds oder anderen den kurzfristigen hohen Profit suchenden Spekulanten oder auch vor – vielleicht nicht den kurzfristigen hohen Gewinn suchenden, aber dafür eventuell politischen Druck ausübenden – Staatsfonds diktatorisch regierter Staaten schützen kann. Denkbar wären z. B. eine Umwandlung von Inhaberaktien in vinkulierte Namensaktien, eine Staffelung des Stimmrechts in Abhängigkeit von der bisherigen Dauer des Aktienbesitzes und/oder eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmer am Eigenkapital des Unternehmens.

Banken und Finanzkrisen
Eine ganze Reihe von Banken haben in den letzten Jahren eine ziemlich unrühmliche Rolle gespielt: Eigentlich ist es die primäre Aufgabe von Banken, Geld bei Privatpersonen und Unternehmen, die es zur Zeit nicht benötigen, einzusammeln, diesen dafür – relativ niedrige – Zinsen zu zahlen und das eingesammelte Geld anderen, kreditwürdigen Unternehmen und Privatpersonen, die Geld für Investitionen benötigen, zur Verfügung zu stellen, wofür sie von diesen – relativ hohe – Zinsen kassieren. Bei Engpässen kann sich die Bank von der jeweiligen Zentralbank Geld zum Leitzins leihen. Von der Zinsdifferenz lebt die Bank traditionellerweise und für Kreditausfälle haftet sie traditionellerweise zunächst einmal mit ihrem Eigenkapital.

Von diesem ehrbaren Geschäftsmodell sind einige Banken aber nach und nach abgewichen, indem sie erstens Kredite an Personen und Unternehmen vergeben haben, von denen sie von Anfang an wussten oder hätten wissen können, dass sie nicht kreditwürdig sind, z. B. an viele Häuslebauer in den USA oder an hochspekulative Hedgefonds, und indem sie zweitens die wackligen Hypothekenkredite der Häuslebauer gebündelt und – in betrügerischer Absicht? – an andere, offenbar von entweder ziemlich dummen oder unvorsichtigen bzw. allzu vertrauensseligen Personen geleitete Banken weiterverkauft haben. Die Käufer haben offensichtlich vor dem Kauf nicht genau überprüft oder nicht verstanden, was ihnen angeboten wurde, und sich auf die völlig falschen, nämlich viel zu günstigen Risikobewertungen bekannter Ratingagenturen verlassen, die ihrerseits offenkundig die unrichtigen oder ungenügenden Angaben der Ursprungsbanken nicht hinterfragt haben. Das wäre sicherlich nicht passiert, wenn Ratingagenturen für die Korrektheit ihrer Bewertungen zivilrechtlich haften oder zumindest ein transparentes Bewertungsverfahren und dessen einwandfreie Durchführung garantieren müssten.

Inzwischen können viele amerikanische Häuslebauer ihre Schulden nicht mehr bedienen und die weiterverkauften Kreditpakete sind deshalb weitgehend wertlos und unverkäuflich geworden. Das hatte zur Folge, dass einige große Banken, darunter auch mehrere deutsche Banken in Staatsbesitz, 2007/2008 praktisch pleite gingen und nur deshalb noch existieren, weil der Staat aus Angst vor einem Dominoeffekt keine Bank pleite gehen lässt. Den Steuerzahler haben die – für Banken in Staatsbesitz äußerst ungewöhnlichen – Spekulationen viele Milliarden Euro gekostet und viele Mitarbeiter der betreffenden Banken den Job, während die Verursacher der Krise nach wie vor in üppigem Wohlstand, wenn nicht sogar Reichtum leben und für den angerichteten Schaden nicht haften müssen.

Was ist zu tun, um solche Fehlspekulationen in Zukunft möglichst zu verhindern? Vorgeschlagen wurde bisher im Wesentlichen, zum einen die Banken zu verpflichten, bei risikoreichen Geschäften mehr Eigenkapital vorzuhalten, um Verluste ausgleichen zu können, und zum anderen keine Finanzprodukte mehr zuzulassen, die so komplex sind, dass sie von einem Durchschnittsbanker nicht mehr verstanden werden und deshalb hinsichtlich ihres Risikos auch nicht eingeschätzt werden können. Meines Erachtens sind das vernünftige Vorschläge.

Es gibt aber noch einen dritten Weg, die Zocker zu zähmen. Ich habe ihn bereits oben bei der Besprechung der Managergehälter erwähnt: Wenn Manager so unkontrolliert agieren und so viel verdienen wollen wie Unternehmer, dann sollten sie auch ein vergleichbares Risiko tragen. Das heißt konkret: Zumindest bei sehr risikoreichen Geschäften sollten sie im Falle des Misslingens mit ihrem gesamten Privatvermögen haften müssen. Ein vollständiges Abschieben des Haftungsrisikos auf Versicherungen sollte nicht erlaubt werden. Denn es kann doch wohl nicht in Ordnung sein, dass bei katastrophalen Fehlinvestitionen die Aktionäre und vor allem die Mitarbeiter den Schaden haben, nicht aber die verantwortlichen Manager. Sehr risikoreiche Investitionen sollten meiner Meinung nach sowieso ausschließlich mit Wagniskapital finanziert werden dürfen.

Freilich haben bei den gigantischen Fehlspekulationen der Banken nicht nur deren Vorstände versagt, sondern auch die Aufsichtsräte. Dass von einer wirksamen Kontrolle des Vorstandes durch den Aufsichtsrat bei vielen deutschen Aktiengesellschaften nicht die Rede sein kann, hängt wohl damit zusammen, dass in den Aufsichtsräten entweder Personen sitzen, die von der Materie kaum Ahnung haben und aus fachfremden Gründen in den Aufsichtsrat gelangt sind, oder aber sozusagen zur gleichen Clique gehörende Managerkollegen aus anderen Unternehmen bzw. Manager im Ruhestand. Auch Aufsichtsräte sollten deshalb, wenn sie Aufsicht und Umsicht vermissen lassen, mit ihrem Privatvermögen haften müssen. Wie bei Vorständen sollte ein vollständiges Abschieben des Haftungsrisikos auf Versicherungen nicht erlaubt sein.

Schadensersatzansprüche gegen Vorstand und Aufsichtsrat sollten bei krassen unternehmerischen Fehlentscheidungen und krassen Verletzungen der Aufsichtspflicht nicht nur die Aktionäre, sondern auch die – in der Regel sehr viel existenzieller betroffenen – entlassenen Lohnabhängigen haben.
 

Entstehungsjahr: 2008