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Ausgangslage
Der Bäcker backt die Brötchen in der Regel nicht vorrangig, um für die Kunden zu sorgen, sondern um Geld zu
verdienen. Da hat Adam Smith recht. Allerdings bemühte sich der
Bäcker zu seiner Zeit in der Regel gleichwohl, gute, gesunde,
handwerklich gelungene und nicht überteuerte Brötchen
herzustellen, und das nicht nur aus der Furcht heraus, die
Kunden könnten andernfalls zur Konkurrenz abwandern, sondern auch
aufgrund von Berufsethos, Handwerkerstolz und überlieferten Maßstäben von Anstand und ethisch angemessenem
Verhalten auch im wirtschaftlichen Bereich. Hätte der Bäcker
kontinuierlich gegen diese Maßstäbe verstoßen, wäre er
vielleicht wohlhabender, aber auch zum Paria geworden.
Der moderne Kapitalismus hat nicht nur diese Maßstäbe von
Anstand und ethisch korrektem Verhalten im wirtschaftlichen
Bereich hinweggefegt, sondern sogar zumindest in großen und vor
allem in einflussreichen Teilen der Gesellschaft den blanken, rücksichtslosen
Egoismus als neues Verhaltensideal etabliert. Als Vorbild gilt
vielen Menschen inzwischen, wer reich und erfolgreich ist – wie auch immer er es
geworden ist. Kurzum: Der Kapitalismus hat sich inzwischen fast
aller moralischen und ethischen Hemmungen entledigt und seine
Erfüllungsgehilfen werden allenfalls noch durch strafbewehrte
Gesetze daran gehindert, in Verfolgung des eigenen kurzsichtigen
Interesses der Gewinnmaximierung den Mitmenschen und der Umwelt
und damit nachfolgenden Generationen – u. a. den eigenen
Nachkommen, sofern vorhanden – zu schaden. Und selbst die Gesetze
versuchen viele Unternehmen zu umgehen oder klammheimlich zu
brechen.
Politisch und gesellschaftlich bleibt es auf Dauer nicht
ohne Folgen, wenn sich in einem Gemeinwesen, das auf das
Mitwirken der Bürgerinnen und Bürger und auf ihren
grundsätzlichen Konsens hinsichtlich der Sozialbindung von
Eigentum angewiesen ist, extremer Egoismus nicht nur breitmacht,
sondern als ethisch gut propagiert und akzeptiert wird. – "Eigentum
verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der
Allgemeinheit dienen." steht bislang zwar noch im Grundgesetz,
aber in der Praxis und aufgrund der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichtes hat sich die Relevanz dieser Sätze
schon jetzt weitgehend auf das (äußerst widerwillige) Zahlen von
(möglichst wenig) Steuern und die Enteignung von Grundstücken zum
Zwecke des Straßenbaus reduziert. Ein Zerfall der Gesellschaft
in einander bekämpfende
Interessengruppen / Vermögensklassen, der Aufstieg
extremistischer Parteien, die Beseitigung von Meinungsfreiheit,
Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit und letztlich der
Demokratie zugunsten einer Diktatur im Falle des Durchmarsches
einer solchen extremistischen Partei scheinen mir auch in
Deutschland nicht mehr völlig ausgeschlossen zu sein. Wenn ein
beträchtlicher Teil der Bevölkerung den Eindruck hat, ständig
belogen, betrogen und übervorteilt zu werden, darf man sich über
Unzufriedenheit und zunehmend extreme Reaktionen freilich nicht wundern.
Konsequenzen
Angesichts dieses Befundes halte ich einen grundlegenden
Mentalitätswandel, vermehrte Anstrengungen zur politischen und
wirtschaftlichen Bildung, eine Neudefinition und Kontrolle der
Zwecke und Ziele von Unternehmen, speziell
Wirtschaftsunternehmen, sowie wesentlich mehr
Steuergerechtigkeit insbesondere im Hinblick auf Schenkungs- und
Erbschaftssteuer zur
Verhinderung neofeudaler Verhältnisse für notwendig.
Mentalitätswandel
Der Mentalitätswandel sollte dort beginnen, wo entsprechende
Maßnahmen am erfolgversprechendsten sind, also in Kita und
Schule. Sinnvoll wäre es natürlich, wenn auch im Elternhaus eine
Erziehung zu Gemeinwohlorientierung, Rücksichtnahme, Fairness
sowie konsumkritischem Denken und Handeln etc. stattfände, aber
die Erfahrungen vieler Lehrerinnen und Lehrer zeigen, dass wohl
zum einen vielfach überhaupt nur eine rudimentäre oder gar keine
Erziehung durch die Eltern erfolgt und dass zum anderen Eltern,
die selber auf Karriere und/oder Konsum fixiert sind, ihre Kinder nicht im Sinne der
Werte des Grundgesetzes erziehen können und wollen. Kindern und Jugendlichen
sollte deshalb generell durch Wort und Tat und in der Schule speziell im Rahmen eines
Ethik- und Politikunterrichts Grundlegendes nicht nur über
individuelle Freiheiten und Rechte, sondern auch über die
Voraussetzungen des Gelingens eines friedlichen Miteinanders,
über Interessenausgleich und über ihre Verantwortung für das
Gemeinwesen und für die Gestaltung
der Zukunft über die nächsten vier oder fünf Jahre hinaus
vermittelt werden.
Je nach Elternhaus wird man dabei – z. B. bei
Flüchtlingen und Migranten und Menschen mit
Migrationshintergrund, soweit sie patriarchalische Einstellungen
und Strukturen sowie die Einordnung in einen Clan gewohnt sind – mehr
die individuellen Freiheitsrechte verdeutlichen oder – z. B. bei
Kindern und Jugendlichen aus der karrierebewussten gehobenen
Mittelschicht oder gar bei Töchtern und Söhnen von Managern,
Unternehmern und Vermögensverwaltern – mehr die
Gemeinwohlorientierung und die Fähigkeit zu konsumkritischem
Denken fördern müssen. Für solche Aufgaben, die bislang nicht
zum Kernauftrag der Schulen gehörten, weil man davon ausging,
dass Eltern ihre Kinder zur Selbständigkeit, aber auch zu
Anstand und Menschenfreundlichkeit erziehen, benötigt man
allerdings entsprechend qualifizierte Erzieherinnen und
Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer sowie möglicherweise auch
deutlich mehr Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Auch kann
eine Erziehung zu Anstand und Menschenfreundlichkeit in Kita und
Schule wohl kaum gelingen, wenn sie nicht nur vom Elternhaus
bewusst oder unabsichtlich konterkariert wird, sondern generell
in der Gesellschaft und speziell in der Wirtschaft Personen den
Ton angeben, die Karriere und Konsum und die Anhäufung
größtmöglichen Reichtums mit welchen Mitteln und zu wessen
Lasten auch immer propagieren und vorleben – und damit
durchkommen oder sogar dafür bewundert werden. Es ist deshalb
notwendig, auch bei den Erwachsenen und speziell im
Wirtschaftsleben die Maßstäbe des Handelns zu ändern.
Politische und wirtschaftliche Bildung
Außer hinsichtlich der Vermittlung grundlegender
demokratischer Tugenden und Fähigkeiten müssten Schulen und
später bei Erwachsenen Presse und sonstige Medien auch
hinsichtlich der Bildung der Bürger(innen) in politischen und
wirtschaftlichen Fragen meines Erachtens viel stärker aktiv
werden. Es ist immer wieder bestürzend, aus der Presse – z. B.
regelmäßig vor wichtigen Wahlen – zu erfahren, dass große Teile
der Bevölkerung das politische und das wirtschaftliche System
der Bundesrepublik Deutschland nicht einmal ansatzweise
verstehen und dann womöglich eine Partei wählen, deren Ziele dem
Eigeninteresse der Wählerin oder des Wählers diametral
widersprechen. Wer z. B. als Arbeitnehmer oder als Arbeitsloser
oder als Rentner eine Partei wählt, die primär die Interessen
gut betuchter Selbständiger und wohlhabender Unternehmer oder
Aktionäre vertritt, weil er sich an Äußerlichkeiten wie dem
Aussehen oder den Umgangsformen des politischen Personals oder
an populistischen Parolen, die die grundlegenden Absichten der Partei eher verschleiern als offenbaren,
orientiert statt an den langfristigen inhaltlichen Zielen der
Partei, oder wer als Mensch mit Migrationshintergrund die AfD
wählt, ist offensichtlich in politischer und wirtschaftlicher
Hinsicht ahnungslos. Vor jeder Bundestagswahl wird sogar
regelmäßig festgestellt, dass viele Wähler(innen) den genauen
Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme nicht kennen und die
Erststimme irrigerweise für wichtiger halten.
Letztlich muss es darum gehen, den Bürgerinnen und Bürgern die
langfristigen Folgen ihres persönlichen und politischen Handelns
oder eben auch ihres Nichthandelns sowie ihrer Wahlentscheidungen
oder eben auch ihrer Wahlverweigerungen darzulegen / bewusst zu
machen und sie in die Lage zu versetzen und davon zu überzeugen,
verantwortungsvoll zu leben.
Ich weiß derzeit nicht, wie man diesem Mangel an politischer und
wirtschaftlicher Bildung und wahrscheinlich auch an Interesse
daran, diese Bildung zu erwerben, abhelfen kann, ohne zu –
verfassungsrechtlich wohl auch gar nicht machbaren –
Zwangsmaßnahmen wie z. B. einer Eignungsprüfung vor jeder Wahl
oder zumindest in regelmäßigen Abständen zu greifen. Angebote
zur politischen und wirtschaftlichen Bildung gibt es – z. B. im
Internet – schließlich durchaus, aber offensichtlich schauen
sich viele Menschen – und zwar gerade auch die Uninformierten –
lieber unterhaltsame Videos/Filme an oder konsumieren emotional
ansprechende Fake News auf Facebook als sich auf seriösen
Webseiten zu informieren. Ich weiß aber, dass diese Unbildung,
die durch YouTube, Facebook, Twitter etc. oder auch durch
Privatsender, die jede Menge Unterhaltung, aber kaum seriöse
Informationen bringen, massiv gefördert wird, eine große Gefahr
für die Demokratie darstellt: Alle autoritären Herrscher, die
nicht ausschließlich auf nackte Gewalt setzen, sondern den
Schein demokratischer Legitimation wahren wollen – z. B. Putin,
Erdogan, Orban oder Jaroslaw Kaczynski – stützen ihre Herrschaft
auf den (weitgehend) politisch und wirtschaftlich ungebildeten Teil der Bevölkerung, der
leider in vielen Ländern immer noch die Mehrheit stellt.
Neudefinition und Kontrolle der Unternehmenszwecke und -ziele
Das Ziel größerer Wirtschaftsunternehmen ist im gegenwärtigen
Kapitalismus üblicherlicherweise nicht nur die Gewinnerzielung,
sondern die Gewinnmaximierung. Die Betriebs- bzw.
Unternehmenszwecke sind üblicherweise die Herstellung und
Verteilung von Gütern und/oder die Erbringung von
Dienstleistungen. Ziele wie Erhalt und Sicherung der
Arbeitsplätze, gutes Arbeitsklima, Umweltschutz und
Ressourcenschonung, Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung
im In- und Ausland oder gesellschaftliches Ansehen / gutes Image
sind in der Regel dem Ziel der Gewinnmaximierung untergeordnet
und werden im Fall von Zielkonflikten hintangestellt, sofern sie
nicht – wie z. B. Arbeitsschutz- und Umweltschutzauflagen –
gesetzlich vorgeschrieben sind und nicht umgangen werden können.
Soweit gesellschaftliches Engagement wahrnehmbar ist, handelt es
sich meistens um
externe Public Relations, nicht um einen uneigennützigen
Einsatz für die Gesellschaft.
Ebenso werden Ziele wie hohe Qualität der Produkte /
Dienstleistungen oder Ehrlichkeit gegenüber dem Kunden z. B.
hinsichtlich der Aussagen zum Material und zu den
Herstellungsbedingungen oder bei Preiserhöhungen – die oft
indirekt durch Verwendung schlechteren und deshalb billigeren
Materials oder durch möglichst unauffällige Mengenreduzierung
erfolgen – dem Ziel der Gewinnmaximierung untergeordnet.
Besonders dominant ist dieses Ziel bei
Aktiengesellschaften, wenn die Aktien breit gestreut sind und es
keinen Hauptaktionär gibt, der sich dem Unternehmen persönlich
verbunden weiß, denn der gewöhnliche Aktienbesitzer oder
Fondverwalter erwirbt, hält und veräußert Aktien eben
ausschließlich um des kurzfristigen Gewinns willen – ohne Berücksichtigung humanitärer Aspekte oder von
Nachhaltigkeitskriterien.
Um das zu ändern, müsste es – da von den derzeit aktiven
Managern und Unternehmern oder gar von gewöhnlichen Aktionären offenbar keine Hinwendung zu
sozialerem und nachhaltigerem Wirtschaften zu erwarten ist –
zum einen einen verbindlichen Katalog von gemeinwohlorientierten
Unternehmensregeln und -zielen neben der Gewinnerzielung geben
und zum anderen eine unternehmensinterne, mit umfassenden
Beteiligungs- und Zugriffsrechten ausgestattete Instanz, die die
Einhaltung der Regeln und die Fokussierung auf die
gemeinwohlorientierten Ziele ständig einfordert und überwacht
sowie die Ergebnisse protokolliert und veröffentlicht, quasi als
institutionalisiertes gesellschaftliches Gewissen des
Unternehmens und als ethisches Controlling. Diese Instanz müsste
deutlich mehr Rechte und Pflichten haben als ein
Betriebsbeauftragter und gemeinwohlschädliche Vorhaben
verhindern können und müssen. Die
generellen gemeinwohlorientierten Ziele müssten gesetzlich festgelegt
werden und für alle Unternehmen gelten, damit die
Chancengleichheit im Wettbewerb gewahrt bleibt. Ausländische
Unternehmen, die in Deutschland Waren oder Dienstleistungen
anbieten oder für deutsche Unternehmen Waren(teile) oder
Dienstleistungen im Ausland produzieren, aber sich nicht an die deutschen
oder inhaltlich vergleichbare ausländische Gesetze halten, müssten um der Chancengleichheit willen mit
Strafzöllen belegt werden oder ihre Tätigkeit in Deutschland bzw. für
Kunden in Deutschland müsste schlichtweg verboten werden.
Eine unternehmensinterne Instanz ist notwendig, weil eine
externe Instanz, z. B. Polizei und Staatsanwaltschaft,
erfahrungsgemäß zu einem frühzeitigen Eingreifen in der Regel nicht in der Lage ist und ebenso wie Whistleblower meistens
erst dann aktiv wird / werden kann, wenn es bereits zu spät ist.
Die Mitglieder einer solchen internen Instanz dürften nicht vom
Unternehmen oder Betriebsrat bestimmt werden oder in irgendeiner
Weise von diesen abhängig sein, denn dann würden vermutlich Personen
berufen, denen die Gewinne des Unternehmens wichtiger sind als
z. B. Umweltschutz, Verbraucherschutz, Ressourcenschonung,
Ehrlichkeit, insbesondere auch Steuerehrlichkeit, Einhaltung von
Gesetzen sowie humane Arbeitsbedingungen auch bei eventuellen
Subunternehmen oder bei Niederlassungen in Entwicklungs- und
Schwellenländern. Auch die Auswahl von entsprechenden Personen
durch Politiker(innen) oder politische Gremien wäre
problematisch, da Politiker(innen) in Deutschland zwar der
Theorie nach dem Gemeinwohl verpflichtet sind, in der Praxis
aber häufig die Interessen von Unternehmen / Aktionären
stärker berücksichtigen als jene der Verbraucher(innen) und
Bürger(innen). Sie verkennen oder ignorieren dabei:
Die Interessen
der Konzerne sind nicht die Interessen der Bevölkerung.
Die Auswahl von Personen, die in einem Unternehmen
stellvertretend für die Gesellschaft die Verantwortung für das
Gemeinwohl
einfordern und entsprechendes Handeln initiieren, sollte deshalb
zumindest nicht ausschließlich von Politiker(inne)n vorgenommen
werden, sondern es sollten gemeinnützige Organisationen einbezogen werden, von denen man
aufgrund ihres bisherigen Wirkens und ihrer Statuten annehmen
darf, dass ihnen das Wohl der Welt und nicht nur jenes eines einzelnen
Unternehmens am Herzen liegt.
Steuern
Steuern dienen dazu, die Aufgaben des Staates zu finanzieren.
Sie dienen aber auch dazu oder können/könnten zumindest dazu
dienen, die Einkommens- und Vermögensverteilung zu ändern und
neofeudale politische Verhältnisse zu verhindern. Tatsache ist,
dass nicht nur die Vorstandsvorsitzenden und Vorstandsmitglieder
großer Aktiengesellschaften, die Vertreter von
Wirtschaftsverbänden sowie generell Lobbyisten von
Wirtschaftsunternehmen (fast) immer ein offenes Ohr bei vielen
Politiker(inne)n finden und mit Entscheidungen für oder gegen
Investitionen oder dem bloßen Drohen damit Macht und Einfluss
ausüben können und das auch tun, sondern dass auch einzelne
Unternehmer und Großaktionäre faktisch eine Macht besitzen, die
jene vieler demokratisch legitimierter Politiker(innen) bei
weitem übertrifft – und das nicht nur auf der Ebene von Städten
und Gemeinden, etwa beim Wohungsbau oder im Hinblick auf
Gewerbeflächen. Wenn z. B. die Bundeskanzlerin höchstselbst
dafür plädiert, den – mehrheitlich sehr profitablen –
Automobilherstellern möglichst keine finanziellen Lasten
aufzuerlegen, obwohl die Konzerne jahrelang massiv und mit
Absicht gegen Gesetze verstoßen und dadurch sowohl ihre
Kund(inn)en als auch die Allgemeinheit erheblich geschädigt haben, zeigt
das meines Erachtens die immense Macht der Konzerne und ihrer
Eigentümer/Großaktionäre.
Ein besonders elegantes Modell, den eigenen Vorteil bzw. den
Vorteil für die eigene Familie mit dem Erwecken des Eindrucks
von Einsatz für die Gesellschaft und mit enormer politischer
Einflussnahme zu verbinden, hat Reinhard Mohn mit der
Bertelsmann Stiftung ersonnen: Die als gemeinnützig
anerkannte Stiftung wird ebenso wie der Bertelsmann-Konzern von
der Familie Mohn beherrscht, verbreitet die neoliberale
Ideologie ihres Gründers,
beeinflusst in diesem Sinne Politiker(innen) nahezu aller
Parteien, betreibt faktisch Öffentlichkeitsarbeit für den
Bertelsmann-Konzern und verschafft dem Unternehmen außerdem auch
noch Aufträge. Andere unternehmensnahe Stiftungen
agieren ähnlich.
Wenn die Bundesrepublik Deutschland nicht in naher Zukunft
faktisch völlig von reichen Erben und vor allem von
Vermögensverwaltern beherrscht werden soll, während der
Wählerwille fast nichts mehr zählt, weil alle regierungsfähigen
Parteien in erster Linie die Wünsche (potenzieller) Investoren,
Arbeitsplatzbeschaffer und Parteispendengeber sowie die
Ratschläge angeblich unabhängiger, aber von Unternehmen oder
Wirtschaftsverbänden oder unternehmensnahen Stiftungen bezahlter
Experten berücksichtigen, ist eine Reform der Erbschafts- und
Schenkungssteuer meines Erachtens unerlässlich.
Angeblich leben wir in Deutschland in einer
Leistungsgesellschaft und gerade die Reichen in Deutschland, die
sich gerne als "Leistungsträger" bezeichnen (lassen), bestehen auf dieser
Gesellschaftsdefinition und tun gerne so, als entspräche sie der
Wirklichkeit. Tatsächlich aber haben rund zwei Drittel der
Reichen und Superreichen in Deutschland ihr Vermögen oder
zumindest viele Millionen davon schlicht und einfach geerbt –
und der Anteil der reichen Erb(inn)en wächst – und jene Selfmademen, die ihr Vermögen
durch geschicktes Agieren am Markt selbst erwirtschaftet – wenn
auch in der Regel nicht wirklich "hart erarbeitet" haben, wie
sie selbst gerne glauben –, indem sie z. B. eine Marktlücke
entdeckt und passende Produkte oder Dienstleistungen angeboten
haben, sind unter den Reichen und Superreichen deutlich in der
Minderheit. Und sofern die Selfmademen auf ihrem Weg zum Erfolg
Wagniskapitalgeber beteiligen mussten, haben sie damit
wahrscheinlich die Erben alter Vermögen, die oder deren
Vermögensverwalter ein paar ihrer vielen Millionen in
Wagniskapitalfonds investiert haben, noch reicher gemacht. Jene
Menschen in Deutschland und anderswo dagegen, die wirklich hart
arbeiten und am Ende ihres Arbeitslebens oftmals körperlich
und/oder psychisch kaputt sind, zählen in der Regel zu den
Gering- oder zu den Durchschnittsverdienern und können schon allein
deshalb kein nennenswertes Vermögen aufbauen, weil sie das
erarbeitete Geld
zum Leben brauchen.
In einer strikten Leistungsgesellschaft müssten Schenkungs- und
Erbschaftssteuer konsequenterweise 100 % betragen, denn die
Beschenkten und die Erben haben für das Geschenkte bzw. Geerbte
nichts geleistet und verdienen es folglich nicht. Dass der Erblasser möglicherweise etwas geleistet hat,
zählt nicht mehr, denn er hat seinen Lohn dafür in Form des
Genusses der Früchte seiner Arbeit bzw. seines Wirtschaftens
bereits zu Lebzeiten erhalten. Auch wenn man weniger konsequent ist
und Schenkungs- und Erbschaftssteuer niedriger ansetzt, sollte
man doch jedenfalls darauf achten, dass sich nicht eine Klasse
von Reichen und Superreichen verfestigt, die nahezu das gesamte
Kapital- und Produktiv- und Immobilienvermögen Deutschlands
besitzen und aufgrund des damit verbundenen Einflusses in ihrem
Sinne und zu ihren Gunsten nicht nur die Richtlinien der
Politik, sondern Gesetze bis ins Detail bestimmen – welche
Parteien und Personen auch immer unter ihnen regieren.
Vorschläge für eine vernunftgemäße Gestaltung der
Erbschaftssteuer, insbesondere zur Begleichung der Steuerschuld
mit Sachwerten, z. B. Mietshäusern, oder Aktien oder sonstigen
Unternehmensbeteiligungen, die dem Staat / den Ländern zwar
keine kurzfristigen, aber dafür kontinuierliche und langfristige
Einnahmen ermöglichen, habe ich bereits in
Marktmacht und
Staatsmacht,
Gemeinwohl statt Egoismus! und
Vorschläge für ein
besseres Steuersystem skizziert.
Der Staat sollte übrigens auch verhindern, dass immer größere
Unternehmensanteile oder ganze Technologieunternehmen sowie
immer mehr Grund und Boden und Wohnanlagen in Deutschland von
ausländischen "Investoren" aufgekauft werden – notfalls durch
ein Verbot solcher "Investitionen". Tut er das nicht, könnte es
ihm/uns dereinst ergehen wie jetzt schon einigen afrikanischen
Staaten, wo ausländische "Investoren"/Unternehmen oder fremde
Staaten, z. B. China, bald mehr zu sagen haben als die Einwohner des Landes selbst.
Entstehungszeit: Mai 2018
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