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Ausgangslage
Die Demokratie – verbunden mit dem Schutz von Minderheiten und
der Freiheit eines jeden Menschen, sein Leben nach eigenem
Gutdünken zu gestalten, sofern er durch sein Reden und Handeln
nicht die Rechte anderer Menschen verletzt – ist die beste der bislang praktizierten
Staatsformen, weil sie allen Bürger*innen Mitsprache und
Mitbestimmung ermöglicht und weitgehend Schutz vor Willkür
bietet.
Sie ist freilich nicht perfekt: So sind demokratische Prozesse
der Entscheidungs- und häufig Kompromissfindung oft langwierig
und mühsam und mithin problematisch, wenn schnelle
Entscheidungen getroffen werden müssen oder Entscheidungen, die
tiefgreifende Veränderungen bewirken sollen. Zudem benötigt die
Demokratie zu ihrem Funktionieren Demokrat*innen, und zwar
sowohl als Wähler*innen als auch als Politiker*innen. Derzeit
dagegen gibt es im Bundestag und in den Landesparlamenten zahlreiche Abgeordnete, die nichts von Minderheitenschutz
und wenig von individueller, von der Norm oder einfach nur vom
Üblichen abweichender Lebensgestaltung halten und die Demokratie
gerne durch eine Diktatur der eigenen Partei bzw. des Führers
derselben ersetzen würden. Und es gibt Menschen – in einigen
ostdeutschen Bundesländern derzeit rund ein Viertel der Wähler*innen –, die
für diese Abgeordneten bzw. deren Partei gestimmt haben.
Damit ist das größte Problem der Demokratie angesprochen: Eine
Demokratie braucht mündige Bürger*innen, also Bürger*innen, die
sich, bevor sie zur Wahl gehen, darüber informieren, was die
verschiedenen Parteien planen und wie fähig ihr Personal ist,
und einen Abgleich der Vorhaben mit dem vornehmen, was sie
selbst nach reiflicher Überlegung für gut und richtig oder gar
für notwendig halten, und zwar nicht nur im eigenen Interesse,
sondern auch im Interesse des ganzen Landes und sogar – wie u.
a. die drohende Klimakatastrophe uns lehrt – der ganzen Welt und
künftiger Generationen für viele, viele Jahrtausende. Manche
Entwicklungen, z. B. das massenhafte Aussterben von Tier- und
Pflanzenarten sowie die Vernichtung ganzer Ökosysteme, lassen
sich schon jetzt nicht mehr korrigieren.
Es ist offensichtlich, dass viele Wähler*innen in diesem Sinne
nicht mündig sind: Sie denken allenfalls an die nächsten Jahre
und an ihr eigenes Wohl, nicht einmal an das langfristige Wohl
ihrer eigenen Nachkommen. Nicht selten wählen sie sogar eine
Partei oder Kandidat*innen, die gemäß ihrem Programm oder ihrem
bisherigem Reden und Handeln gar nicht die Interessen ihrer
Wähler*innen vertreten, sondern lediglich Minderheiten als
Sündenböcke anbieten und wider alle Vernunft die
Wiederherstellung vergangener, angeblich besserer Lebenswelten
proklamieren – aber
früher war nicht alles besser, sondern das
meiste sehr viel schlechter, auch wenn man einräumen muss,
dass mit dem technischen, medizinischen und sozialen Fortschritt
nicht nur der Wohlstand und die Lebenserwartung der meisten
Menschen gewachsen sind, sondern auch die Gefahr der
Selbstzerstörung der Menschheit durch atomare, chemische und
biologische Waffen, durch Umweltverschmutzung und
Umweltzerstörung sowie durch den
Klimawandel.
Nationalismus und die Beschwörung einer angeblich glorreichen
nationalen Vergangenheit und ebensolchen nationalen Zukunft sind
aber keine geeigneten Mittel zur Bewältigung globaler Probleme
wie des Klimawandels. Da bleibt Nationalisten nur die
Möglichkeit, das größte derzeitige Problem der Menschheit zu
leugnen, um ihr Weltbild zu retten. Für alle jene
Politiker*innen, die die Notwendigkeit globaler Zusammenarbeit
und tiefgreifender Änderungen auch des eigenen Lebensstils
erkannt haben, stellt sich dagegen die Frage, wie sie das
Notwendige tun können, ohne dafür bei den nächsten Wahlen von
ihrer eigenen, verzichts- und veränderungsunwilligen Klientel
abgestraft zu werden – ein Problem, das außer der Partei
"Bündnis 90/Die Grünen" offenbar alle Parteien haben,
die den menschengemachten Klimawandel nicht leugnen.
Lösungsvorschläge
Kurz-, mittel- und langfristig wirksame Maßnahmen gegen
populistische Wähler*innenfängerei – Förderung insbesondere der
politischen Bildung und der Herzensbildung von der Kita an,
Sicherung/Steigerung des Einkommens insbesondere der nicht so
wohlhabenden Bürger*innen, Sicherung von Arbeitsplätzen bzw.
Schaffung neuer, zukunftsträchtiger Arbeitsplätze, Schutz vor
Einbrechern, Gewalttätern und Betrügern bzw. häufigere
Aufklärung solcher Straftaten, konsequente Verfolgung und
Bestrafung von Hass, Hetze, Beleidigungen, Verleumdungen und
politischen Lügen auch und gerade im Internet – habe ich bereits
in früheren Texten – zuletzt in
Was tun gegen
Populisten? – skizziert. Letztlich wird die Menschheit
meines Erachtens nicht darum herumkommen, ihre Werte zu
hinterfragen und die Akkumulation von materiellem
Wohlstand/Reichtum auf Kosten anderer Menschen und der Natur und
künftiger Generationen sowie das Wachstum der Weltbevölkerung
auf ein Maß zu begrenzen, das nicht die Lebensgrundlagen der
Menschheit zerstört. Auch die Unternehmen werden, wie im Text
Paradigmenwechsel vorgeschlagen, meines Erachtens umsteuern
müssen und nicht mehr nur das Ziel der Gewinnmaximierung
verfolgen können.
Für die nächsten Jahre scheint es mir sinnvoll zu sein, Gesetze
und sonstige Maßnahmen zum Klimaschutz auf eine möglichst breite
parlamentarische Basis zu stellen, die Umstellungen bei Bedarf
mit sozialen Maßnahmen zu kombinieren und die Notwendigkeit
einer raschen und rigorosen Reduzierung der Treibhausgase immer
wieder zu kommunizieren und nicht etwa immer wieder zu
relativieren, wie es bislang Politiker*innen nicht nur der AfD
immer wieder tun. Für Importe aus Staaten, die bzw. deren
Unternehmen nicht im gleichen Umfang wie jene in Deutschland
bzw. der EU die erforderlichen Klima- und Umweltschutzauflagen
einhalten,
sollten gemäß dem Vorschlag von Ursula von der Leyen
Klimazölle
erhoben werden. Das wäre fair gegenüber jenen Unternehmen, die
in den Klimaschutz investieren (müssen).
Zudem dürfte der Grad der Zustimmung zu Maßnahmen zum Klima- und
Umweltschutz, die für die Bürger*innen mit persönlichem
Verzicht – z. B. auf Autofahrten und große Wagen, auf Flug- und
Schiffsreisen, auf übermäßigen Energieverbrauch durch große und
ungedämmte Wohnungen, auf Fleischverzehr im bisher üblichen
Ausmaß – verbunden sind, meiner Einschätzung nach zu einem
erheblichen Teil davon abhängen, ob alle mitmachen oder ob die
USA, Kanada, Australien, Russland, Brasilien, Saudi-Arabien und andere
"Schurkenstaaten" bezüglich des Klima- und Umweltschutzes sich
weiterhin verweigern und zulasten der auf Klima- und
Umweltschutz achtenden Länder Ressourcen verprassen, die Umwelt
schädigen und Treibhausgase emittieren. Notfalls müssen solche
Staaten dann eben meines Erachtens mittels Klimazöllen zu einem
klima- und umweltschutzfreundlichen Verhalten bewegt werden.
Um den unmittelbaren Druck von den Politiker*innen zu nehmen,
wäre meines Erachtens auch eine Selbstfesselung sinnvoll. So wie
Odysseus den Sirenengesängen widerstand, indem er sich zuvor an
den Mast des Bootes fesseln ließ, könnten die Politiker*innen
den Sirenengesängen ihrer verzichts- und veränderungsunwilligen
Klientel widerstehen und sich selbst fesseln, indem sie
bezüglich des Klima- und Umweltschutzes Macht an eine zwar von
Politiker*innen eingerichtete und durch die Wahl der
Entscheidungsträger*innen beeinflusste, aber von direkten
politischen Weisungen unabhängige Institution ähnlich dem
Bundesverfassungsgericht oder der Europäischen Zentralbank
abgeben. Diese Institution müsste dann freilich auch tatsächlich
mit Vetorechten gegenüber nationalen Gesetzgebungsvorhaben und
möglichst auch mit eigenen gesetzgeberischen Befugnissen
bezüglich des Klima- und Umweltschutzes auf europäischer Ebene
ausgestattet sein.
Entstehungszeit: Februar 2020
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