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Ausgangslage
Die Angst feiert in Deutschland Erfolge: In manchen Gegenden
Deutschlands stimmten 2017 ein Viertel bis ein Drittel der
Wähler(innen) für eine Partei, deren Hauptmerkmal die
Fremdenfurcht ist. Sie wählten die AfD, obwohl in den
meisten der betreffenden Regionen fast
keine Ausländer leben, weder die Wähler(innen) selbst noch deren
Verwandte, Freunde und Bekannte persönlich schlechte Erfahrungen
mit Ausländern gemacht haben und auch die polizeilichen
Statistiken keinen überproportionalen
Anstieg der Kriminalität als Folge von Zuwanderung belegen.
Dagegen ist die Furcht vor dem
tatsächlich sich vollziehenden Klimawandel, der schon jetzt
beträchtliche wirtschaftliche Schäden auch in Deutschland
verursacht und in Zukunft dazu beitragen wird, dass noch
wesentlich mehr Menschen als bislang aus Afrika nach Europa
fliehen werden wollen, sowie vor dem Bevölkerungswachstum und dem
weiteren Zerfall staatlicher Strukturen in Afrika und
Vorderasien erstaunlich gering.
Offensichtlich lassen sich
mit den von rechten Politiker(inne)n und manchen Medien vermittelten
verallgemeinernden Zerrbildern von Nordafrikanern als Dieben,
Räubern und Vergewaltigern sowie von Muslimen als
Terroristen leichter Ängste schüren und in Wahlerfolge
ummünzen als mit den häufiger und stärker werdenden Unwettern in
Deutschland, dem – nach menschlichem Zeitempfinden extrem langsamen
– Ansteigen des Meeresspiegels sowie mit Dürren in Afrika, Asien,
Amerika und Südeuropa – also außerhalb Deutschlands. Der
Mensch ist anscheinend weitaus "besser" darin, sich die
vermeintlich schrecklichen Folgen der Zuwanderung von "Fremden"
auszumalen als die verheerenden langfristigen globalen Folgen des eigenen
kurzsichtigen Wirtschaftens. Auch die Bürger(innen) und
Entscheider demokratischer Staaten sind vor kurzsichtigem
Egoismus leider nicht gefeit.
Gegenmaßnahmen
Eine demokratisch gewählte Regierung und demokratisch gewählte
Abgeordnete tun gut daran, die Wünsche und Bedürfnisse ihrer
Wähler(innen), aber auch derer, die sie (diesmal) nicht gewählt
haben, zu berücksichtigen – allerdings in einer repräsentativen
Demokratie nicht im Sinne einer sofortigen und umfassenden
Wunscherfüllung, sondern eines Abwägens, was davon sinnvoll und
machbar oder eben auch nicht machbar, nicht sinnvoll oder sogar
ethisch verwerflich ist.
In Bezug auf den Umgang mit Flüchtlingen, Asylbewerbern und
Zuwanderern sollte das meines Erachtens bedeuten, dass
einerseits am individuellen Grundrecht auf Asyl bei politischer
Verfolgung und am – bei nicht oder schwer integrierbaren und
deshalb im Grunde unerwünschten Personen zeitlich begrenzten –
Schutz für Menschen aus Bürgerkriegsgebieten aus humanitären
Gründen festgehalten wird und dass andererseits ein
Einwanderungsgesetz geschaffen wird, das zum einen dem
unstreitig vorhandenen Bedarf Deutschlands nach beruflich
qualifizierten, der deutschen Sprache mächtigen und kulturell
integrierbaren Fachkräften Rechnung trägt und zum anderen jenen,
die aus materieller Not nach Deutschland kommen möchten, die
Chance bietet, sich in einem geregelten, transparenten Verfahren
um eine Arbeitserlaubnis oder um Einbürgerung zu bewerben und
nicht politische Verfolgung als angeblichen Fluchtgrund
vorschützen zu müssen.
Klar ist: Das Grundrecht auf Asyl gilt nur für individuell
politisch Verfolgte, also weder generell für
Einwanderungswillige noch auch nur generell für Menschen aus
Bürgerkriegsgebieten oder aus Diktaturen: Keinesfalls haben z.
B. alle Russ(inn)en oder alle Türk(inn)en einen Anspruch auf
Asyl in Deutschland. Flüchtlinge aus Bürgerkriegsgebieten
sollten meines Erachtens nach Möglichkeit nahe ihrem Heimatland
versorgt werden, aber wenn sie es bis nach Deutschland geschafft
haben, muss man sie aus humanitären Gründen dulden und sollte
ihnen die Möglichkeit geben, Deutsch zu lernen und sich um eine
Ausbildung oder einen Job und letztlich um eine Einbürgerung zu
bemühen. Man sollte ihnen aber auch klar sagen, dass von ihnen
eigene Integrationsleistungen erwartet werden und dass Menschen,
die sich nicht integrieren wollen – etwa weil sie der Meinung
sind, als Muslime per se "besser" zu sein als Anders- oder
Nichtgläubige und laut Koran sowie ständiger historischer Praxis
das Recht zu haben, Nichtmuslime zu unterdrücken oder zu töten,
wie es in vielen muslimisch dominierten Staaten üblich ist –, in Deutschland nicht willkommen
sind.
Da Deutschland also nicht alle Mühseligen
und Beladenen der Welt aufnehmen und erquicken kann, sollte sich die Regierung
dafür einsetzen, dass die politischen und wirtschaftlichen
Verhältnisse in den Herkunftsländern der Einwanderungswilligen
besser werden. Erste Schritte auf diesem Weg könnten z. B. eine
Beendigung des Exports hochsubventionierter europäischer
Agrarprodukte in Entwicklungsländer sein, da dieser Export dort
die heimische Landwirtschaft vernichtet, ferner die Koppelung
von Entwicklungshilfe oder Handelserleichterungen an politische
und gesellschaftliche Fortschritte (z. B. Bekämpfung von
Vetternwirtschaft, Korruption und sonstiger Kriminalität sowie
Achtung der Menschenrechte) und nicht zuletzt massive Maßnahmen
zur Eindämmung des Klimawandels, der ausgerechnet die ärmsten
Länder der Welt am härtesten trifft und treffen wird (vgl. Sie
zu den Themen Flüchtlinge und Muslime auch
Werke der
Barmherzigkeit: Flüchtlingen helfen,
Was tun gegen
Dschihadismus? und
Gehört der Islam zu Deutschland?).
Um den Menschen in Deutschland eine weitere große Angst zu
nehmen, nämlich die Angst vor dem sozialen Abstieg als Folge von
Arbeitslosigkeit, Hartz IV, prekären und schlecht bezahlten
Arbeitsverhältnissen sowie daraus resultierend einer geringen,
eventuell sogar unter dem Sozialhilfeniveau liegenden Rente,
sollte der Staat seine Bemühungen verstärken, arbeitslos
Gewordene – erforderlichenfalls durch Umschulungen /
Fortbildungen oder durch Schaffung eines zweiten Arbeitsmarktes
für Menschen, die wegen ihres Alters oder wegen Krankheiten auf
dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben – wieder voll in
die Gesellschaft zu integrieren. Der Staat kann in einer freien
Marktwirtschaft nicht verhindern, dass Manager oder Unternehmer
durch Lethargie oder Fehlentscheidungen Unternehmen in die Krise
führen, so dass mangels Umsatz und Gewinn Arbeitsplätze abgebaut
werden müssen, und er sollte im Allgemeinen auch nicht
versuchen, Arbeitsplatzabbau als Folge von Automatisierung und
Digitalisierung zu verhindern, denn generell und im Prinzip ist
es meines Erachtens zu begrüßen, wenn Menschen weniger und
weniger schwer arbeiten müssen. Aber der Staat und die gewählten
Politiker(innen) können und sollten den Entlassenen helfen, sich
ihre Selbstachtung zu bewahren und eine neue Stelle zu bekommen,
und sei es eine Teilzeitstelle, und sie können und sollten für
eine gleichmäßigere Verteilung der durch Automatisierung und
Digitalisierung erzielten Gewinne bzw. Zusatzgewinne sorgen. Die
von manchen Politiker(innen) praktizierte Abwertung von
Arbeitslosen als Faulpelze dagegen beruhigt zwar vielleicht jene
Arbeitnehmer(innen), die selbst Angst um ihren Arbeitsplatz
haben und gerne die – falsche – Botschaft hören, dass dieser
ihnen mit Sicherheit erhalten bleibt, wenn sie nur schön fleißig
sind, verschleiert aber zugleich mit Absicht die in Wahrheit
häufigste Ursache von
Arbeitslosigkeit, nämlich Mangel an Arbeit.
Die aus guten Gründen vorwiegend in Ostdeutschland verbreitete
Furcht, nach einem Arbeitsleben voller Brüche und schlecht
bezahlter Jobs nur eine Minirente zu erhalten und
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beantragen
zu müssen, ließe sich durch eine ausreichende Mindestrente
mindern, die automatisch gezahlt würde, wenn die Rentenansprüche
unter dieser Mindestrente liegen und es weder eine Partnerin /
einen Partner gibt, mit deren/dessen Einnahmen zusammen ein
auskömmliches Einkommen erzielt wird, noch größeres Vermögen
vorhanden ist, dessen Verwertung zumutbar wäre. Psychologisch
wichtig wäre, dass die Mindestrente nicht extra beantragt werden
müsste und die Prüfung der Bedürftigkeit automatisch bei jedem
Rentenantrag vorgenommen würde (vgl. Sie zum gesamten
Themenbereich auch
Gemeinwohl statt Egoismus!,
Ist die
Demokratie noch zu retten? und
Vorschlag für ein
gestaffeltes bedingungsloses Grundeinkommen).
In Bezug auf den Umweltschutz und die Eindämmung des
Klimawandels sollte Deutschland mindestens jene Verpflichtungen
erfüllen, die es international eingegangen ist und deren
Erfüllung momentan (Oktober 2017) sehr unwahrscheinlich zu sein scheint. Mit
einer Abschaltung aller Braun- und Steinkohlekraftwerke in
nächster Zeit ließen sich die Klimaziele – soweit es den Beitrag
Deutschlands betrifft – aber noch erreichen. Die Stromversorgung
in Deutschland müsste dadurch nicht zusammenbrechen. Darüber
hinaus sollte in Deutschland auch bezüglich von Umweltschäden
und Umweltverschmutzung das Verursacherprinzip nicht nur in der
Theorie, sondern auch in der Praxis gelten: Wer mit
Gülle, Pestiziden, Antibiotika, Abgasen oder anderen
gefährlichen Stoffen und
Produktionsrückständen Böden, Gewässer oder die Luft verseucht,
sollte dafür spürbar bestraft werden. Das ist derzeit sowohl
mangels hinreichend strenger Gesetze als auch mangels
ausreichender Kontrollen nicht der Fall.
So ist z. B. in Deutschland – anders als in den USA – meines
Wissens bislang kein einziger Verantwortlicher aus der
Automobilindustrie für irgendeinen der diversen Abgas-,
Verbrauchs- und Betrugsskandale angeklagt und verurteilt worden
noch hat irgendein Manager persönliche Einbußen hinnehmen
müssen. Hinsichtlich der Finanzmarkt- und Bankenkrise seit 2007,
bei der doch ganz offensichtlich zahlreiche Verantwortliche
mindestens ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben, verhält es
sich ähnlich. Angesichts dieser Nichtverfolgung von
Straftaten sehen Industrie, Handel, Banken, Versicherungen und Landwirtschaft natürlich
keine Notwendigkeit, Missstände abzustellen. Deshalb müssen die
Steuerzahler, Verbraucher und Krankenkassenbeitragszahler
finanziell und bisweilen eben auch physisch und psychisch in
Form vermeidbarer Krankheiten und eines vorzeitigen Todes für
die Schäden und deren Beseitigung – soweit überhaupt möglich –
zahlen.
Über die Eindämmung des Klimawandels und die
Bekämpfung und Bestrafung von Umweltverschmutzung und
-zerstörung hinaus sollte der Gesetzgeber dafür sorgen, dass in
Deutschland jeder die Möglichkeit hat, so zu leben, dass er sich
durch seinen Konsum möglichst nicht – in ethischer, nicht
juristischer Hinsicht – schuldig macht, z. B. durch Förderung
der Tierquälerei, des Artensterbens, der Abholzung der
Regenwälder, generell der Zerstörung bislang noch halbwegs
intakter Lebensräume sowie der Ausbeutung und gesundheitlichen
Schädigung von Arbeitnehmern insbesondere in Schwellen-und
Entwicklungsländern – auch durch deutsche Unternehmen oder deren
Subunternehmen. Dazu müsste die/der Verbraucher(in) freilich
zunächst überhaupt einmal erfahren / erkennen können, wo und
unter welchen Bedingungen und mit welchen ökologischen und
sozialen Folgen die Waren, die er kauft oder zu kaufen in
Erwägung zieht, hergestellt wurden. Das ist in der Regel aber
nicht der Fall. Lediglich bei Bioläden und Fair-trade-Produkten,
die allerdings auch
nicht unumstritten sind, darf man mit einiger Berechtigung darauf
hoffen, nicht nur ein gutes Produkt zu erwerben, sondern sich
auch ethisch korrekt zu verhalten. Effektiver wäre es freilich,
wenn der Gesetzgeber die schlimmsten Dinge, z. B. Tierquälerei
aus Profitinteresse oder Intensivstlandwirtschaft, schlicht verböte.
Bei allen anderen Produkten
ist es nur mit Mühe möglich, etwas zu finden, das sowohl die
ökologischen und sozialen Anforderungen erfüllt als auch
qualitativ gut ist und – z. B. bei Kleidung – gut aussieht.
Das Angebot ist einfach sehr gering und in Bezug auf
Kleidungsstücke muss man selbst bei teuren Markenprodukten, bei
denen die Gewinnspanne für den Einzelhandel nicht selten mehrere
hundert Prozent beträgt, also die Herstellungskosten kaum ins
Gewicht fallen, damit rechnen, dass sie im Auftrag
deutscher oder europäischer Unternehmen in Bangladesch oder
sonstwo in der Dritten Welt zu Hungerlöhnen und unter
Missachtung aller in Deutschland geltenden
Arbeitsschutzbestimmungen produziert wurden. Praktisch unmöglich ist
bislang ein
ökologisch und sozial einwandfreier Einkauf bei komplexen
technischen Produkten, wenn Rohstoffe und Einzelteile aus
diversen Ländern stammen. Selbst bekannte Siegel wie der
Blaue Engel bieten keine Hilfestellung, da sie über die
Produktionsbedingungen nichts aussagen.
Wünschenswert wäre folglich statt der verwirrenden Fülle oft
wenig aussagekräftiger Kennzeichen ein eindeutiges und die
gesamte Produktionskette berücksichtigendes staatliches oder
europaweites Siegel, das dem Verbraucher garantiert, dass er ein
ökologisch korrekt und unter akzeptablen Arbeitsbedingungen von
hinreichend entlohnten Personen hergestelltes Produkt erwirbt.
Damit dem Unternehmen durch die Zertifizierung keine
finanziellen Nachteile entstehen, sollte sie für das jeweilige
Produkt kostenlos sein: Die entstehenden Kosten sollten durch
eine entsprechende Umlage von allen Unternehmen – also auch
denen, die für ihre Produkte kein Siegel beantragen –
aufgebracht werden. In den ersten Jahren müsste man – wie
derzeit bei so manchen Fair-trade-Produkten – wohl damit
rechnen, dass die Unternehmen mehr auf die Preise für die durch
das Siegel aufgewerteten Produkte aufschlagen, als ihren
tatsächlichen Mehrkosten durch die ökologisch und sozial
korrekte Herstellung entspricht, aber je mehr Unternehmen
mitmachen, desto schwerer dürften sich solche Aufschläge am
Markt durchsetzen lassen.
Zuletzt noch ein paar Worte zur Rolle der Medien: Wenn jeden Tag
in der Zeitung und im Web von Dutzenden Verbrechen zu lesen
ist, darf man sich nicht wundern, dass viele Menschen glauben,
in Deutschland wimmele es von Dieben, Räubern, Betrügern,
Schlägern, Mördern und Vergewaltigern vorzugsweise aus dem
Ausland, selbst wenn die polizeilichen Statistiken und die
eigenen Alltagserfahrungen der Leserinnen und Leser dagegensprechen. Und
wenn einmalige Ereignisse wie die Kölner Silvesternacht 2015
dazu genutzt werden, um über ein Jahr lang immer wieder
Flüchtlinge und Asylbewerber pauschal als Kriminelle
darzustellen, bleibt dieses Bild natürlich irgendwann in den
Köpfen hängen und verfestigt sich. Positive Berichte über
Migranten oder Menschen mit Migrationshintergrund sind dagegen
eher rar: In Paderborn z. B. müssten alle Krankenhäuser
schließen, wenn es keine Assistenzärzte aus dem Ausland gäbe.
Dass deren Deutschkenntnisse häufig unzureichend und deren
Ansichten und Verhalten mitunter problematisch sind, sei nicht
verschwiegen, aber: Der Nutzen überwiegt.
Entstehungszeit: Oktober 2017
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