Alternativ: Mobilversion
Homepage
Spiele wie Memory
Es ist kein Geheimnis und hat
dennoch bislang kaum zu politischen, wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Konsequenzen geführt: Menschen, die ihren Mitmenschen,
insbesondere Schwächeren und Minderheiten, mit Arroganz bis
Feindseligkeit oder gar Hass und Gewalt begegnen oder aber –
etwa durch Alkohol oder Heroin – sich selbst
zerstören, weisen in aller Regel schwere Defizite in ihrer
Persönlichkeitsentwicklung auf, die meistens auf
mangelnder Liebe, geringer Wertschätzung und fehlender Achtung
bereits in Kindheit und Jugend – oft schon in frühester Kindheit –
beruhen und durch Misserfolgserlebnisse, die selbst wiederum zu
einem Gutteil aus mangelnder Förderung und Unterstützung und
einem geringen Selbstwertgefühl resultieren, verschlimmert werden.
Und auch die Gründe für mangelnde Liebe, geringe Wertschätzung
und fehlende Achtung seitens der Eltern sind weitgehend bekannt:
Entweder haben die Eltern selbst in Kindheit und Jugend keine
hinreichende Fürsorge erfahren und deshalb einfach nie gelernt,
Gefühle der Zuneigung und des Mitgefühls zuzulassen und angemessen mit ihren Kindern umzugehen, oder sie
werden durch die Umstände daran gehindert: Wer hart sein muss,
um beruflich im Konkurrenzkampf zu überleben, oder den Kampf
verloren hat und z. B. seit längerer Zeit arbeitslos oder als
Unternehmer gescheitert oder finanziell in Schwierigkeiten ist,
wird seinen Kindern kaum gütig, gelassen und liebevoll begegnen
können.
Eine große Rolle spielt
erfahrungsgemäß auch der Wertekanon einer Gesellschaft und
speziell der Gesellschaftsschicht oder der Gruppe, in der man
sich bewegt: Wo Geiz als geil, Gier als gut, Egoismus als
vorbildlich, Betrug – insbesondere in der Oberschicht – als
normal und Gewalt – insbesondere in der Unterschicht – als cool
oder zumindest akzeptabel gelten, darf man sich nicht wundern,
wenn Mitgefühl, Gemeinsinn, Rechtsbewusstsein, gesellschaftlicher
Zusammenhalt und politisches Engagement verkümmern und
Solidarität oder zumindest Kumpanei allenfalls noch innerhalb
der eigenen sozialen Gruppe gedeihen.
Die Deregulierung der Märkte,
insbesondere des Arbeitsmarktes und der Finanzmärkte, seit ca.
1980 und der "Sieg" des Kapitalismus bzw. der Untergang des real
existierenden Kommunismus haben zur Dehumanisierung der
Arbeitswelt und zur faktischen Diktatur der großen
Kapitalbesitzer bzw. der Verwalter dieses Kapitals (Hedgefonds,
generell Investmentfonds, Banken, sonstige Finanzmarktakteure)
beigetragen. Vor allem aber haben die scheinbaren Segnungen der
Deregulierung (Senkung der Arbeitslosigkeit durch Schaffung von
befristeten Stellen sowie Leiharbeit-, Niedrigstlohn- und
Minijobs einerseits, riesige Spekulationsgewinne von
Kapitalbesitzern andererseits) den beschriebenen Wertewandel
beschleunigt, indem sie Gier, Rücksichtslosigkeit und Betrug als
legitime Mittel zur Mehrung des eigenen Wohlstands im
Bewusstsein breiter Bevölkerungsschichten verankerten. Viele
Manager und Unternehmer, aber auch etliche Politiker, die
politische Ämter nicht zuletzt als Möglichkeit zum finanziellen
Aufstieg ansahen und immer noch ansehen, gingen und
gehen dabei mit schlechtem Beispiel voran und nehmen sich, was
sie kriegen können.
Letztlich bedroht eine solche
Einstellung die Demokratie, vom Sozialstaat ganz zu schweigen,
denn eine Demokratie ist ohne Gemeinsinn, Solidarität und
Engagement und
ohne das begründete Vertrauen der Bürger in die Redlichkeit ihrer
gewählten Repräsentanten nicht auf Dauer lebensfähig. Das
Beispiel Ungarns unter der Herrschaft von Viktor Orbán lehrt, wie leicht mühsam errungene Freiheiten
ganz legal wieder abgeschafft werden können, wenn zu viele
Bürger in ihrer Enttäuschung freiheitsfeindliche Parteien wählen.
In früheren Zeiten war es in
Europa – jedenfalls für Menschen, die das Neue Testament lesen
konnten – vergleichsweise leicht, zwar nicht den Machtmissbrauch
und die betrügerische oder einfach auf schierer Militär- und
Polizeigewalt beruhende Selbstbereicherung der Reichen und
Mächtigen zu unterbinden, aber deren Verhalten immerhin als
Unrecht zu erkennen und sich selbst zu bemühen, anders zu leben,
denn das Christentum war bis ca. zur Mitte des 20. Jahrhunderts
die dominierende Ideologie. Und die ethischen Kernaussagen des
Christentums sind nun einmal unmissverständlich und eindeutig
unvereinbar mit jeder Form von Ausbeutung: Liebe deinen Nächsten
wie dich selbst! Liebe deine Feinde! – Das hat die real
existierenden Kirchen allerdings nicht daran gehindert,
teilweise bis
ins 20. Jahrhundert hinein Fürsten, Könige und Kaiser als
Herrscher von Gottes Gnaden zu verteidigen, Leibeigenschaft und
Sklaverei zu rechtfertigen und die Kluft
zwischen Arm und Reich als gottgewollt zu werten.
Im Laufe der letzten Jahrzehnte
hat das Christentum freilich aus verschiedenen Gründen1
in Europa seine ideologische Macht zu einem erheblichen Teil
eingebüßt und es gibt derzeit keine Ideologie, die für die
ethische Pflicht, seine Mitmenschen zu achten und ihnen bei
Bedarf zu helfen, eine allgemein anerkannte Begründung liefert.
Zwar ist leicht einzusehen, dass es gesamtgesellschaftlich von
Nutzen ist, wenn jeder Mensch sich so verhält, weil es Konflikte
vermeiden und die Lebensqualität aller Menschen steigern würde,
aber angesichts der Neigung des Menschen, den eigenen Vorteil
auch auf Kosten anderer Menschen zu suchen und diese dabei
eventuell sogar zur Beruhigung des eigenen Gewissens mit den fadenscheinigsten Begründungen als
minderwertig (dumm, faul, schwach, schwul etc.) zu deklarieren, führt
diese Einsicht dennoch oft nicht zum ethisch richtigen Handeln.
Die erwiesenermaßen falsche Ansicht, dass man umso
glücklicher/zufriedener ist, je mehr man besitzt, auch wenn das
für ein materiell angenehmes Leben notwendige Maß bereits weit
überschritten ist, hält sich hartnäckig.
Auch die naturwissenschaftlich
unwiderlegbare Begründung für die allgemeine Geltung der
Menschenrechte,
nämlich die grundlegende Gleichheit aller Menschen bezüglich
Intelligenz, Entwicklungsmöglichkeiten, Bedürfnissen etc.,
überzeugt viele bildungsferne – und leider auch etliche zwar
fachlich bestens ausgebildete, aber dennoch nicht
vorurteilsfreie und nicht zur Überprüfung ihrer Vorurteile
bereite – Mitmenschen nicht, weil sie äußerliche Unterschiede
wie Sprache, Nationalität, Religion, Haut- oder Haarfarbe,
Augenform, Körpergröße und -stärke oder auch Geschlecht,
sexuelle Orientierung oder sogar Sitten und Gebräuche wie z. B.
Kleidungs- oder Essgewohnheiten überbewerten, ihre natürliche
Angst vor dem Fremden nicht überwinden oder wie Rechtsradikale,
Islamisten, Nationalisten etc. die Unterschiede sogar dazu
benutzen, um sich selbst einer angeblich körperlich, geistig
oder kulturell überlegenen Gruppe zugehörig fühlen und deshalb –
aufgrund der bloßen Zugehörigkeit – für überlegen halten zu
können.
Dieser – evolutionsgeschichtlich
durchaus verständliche – Rückzug auf die eigene Gruppe ist
freilich für den gesellschaftlichen und weltweiten Frieden
gefährlich, denn aufgrund der Überbevölkerung der Erde und
aufgrund der sowohl allein schon dadurch als auch durch die weltweit immer
noch steigenden materiellen Ansprüche der Menschen bedingten
weltweiten Abnahme der natürlichen Ressourcen und Zunahme der
Umweltschäden ist gerade nicht egoistisches und
nationalistisches Denken angebracht, sondern die Bereitschaft
zur Kooperation, zur Verständigung, zur Selbstbeschränkung und
zum Interessenausgleich.
Kurz- und mittelfristige Gegenmaßnahmen
Was kann man tun, um trotz der
beschriebenen Schwierigkeiten eine Kultur der Kooperation und
des Interessenausgleichs oder sogar der Selbstbeschränkung und
der Hilfsbereitschaft zu fördern? Zunächst einmal kann man
natürlich als Folge eigener Einsicht mit gutem Beispiel
vorangehen oder sich zumindest darum bemühen.2 Sodann
kann man Unternehmer und Manager auffordern, sich im Zuge von
freiwilligen Selbstverpflichtungen ethisch angemessen zu
verhalten, also z. B. die Beschäftigten nicht mit derart viel
Arbeit zu überhäufen, dass sie sie in der regulären Arbeitszeit
gar nicht schaffen können, angemessene Löhne zu zahlen und auf
den Arbeits- und Umweltschutz – sowie z. B. bei der Fleisch-, Wurst- und
Eierproduktion3 auch auf den Tierschutz – zu achten.
Allerdings bringen
solche Aufforderungen und freiwillige Selbstverpflichtungen der
Wirtschaft erfahrungsgemäß wenig. Das liegt nicht zwangsläufig
am "bösen" oder fehlenden Willen der Verantwortlichen, sondern
häufig einfach an der Konkurrenzsituation oder – bei
Aktiengesellschaften – an überzogenen Gewinnerwartungen der
Großaktionäre, z. B. Aktienfonds: Wer seine
Beschäftigten nicht ausbeutet, seine Kunden nicht betrügt und
der Umwelt möglichst nicht schadet, erzielt in der Regel
zumindest kurz- und mittelfristig weniger Gewinn, als wenn er es
täte, und schwächt damit womöglich seine Wettbewerbsposition,
nämlich dann, wenn seine Konkurrenten nicht ebenso edel handeln.
Folglich werden sich allenfalls Unternehmen, die sowieso gute
Gewinne erwirtschaften und keine Konkurrenz zu fürchten brauchen,
oder solche, die direkt für Endverbraucher produzieren und
deshalb auf einen guten Ruf achten müssen, mehr oder weniger
"gut" und gemeinwohlorientiert verhalten. Alle anderen
Unternehmen werden schauen, was die Konkurrenz macht, und dann
wahrscheinlich genauso rücksichtslos und verschlagen vorgehen.4
Folglich muss der Staat, also in
Demokratien die Gemeinschaft der Bürger, den Unternehmen per
Gesetz Grenzen setzen und die Einhaltung der entsprechenden
Gesetze auch konsequent kontrollieren – was derzeit nicht nur in
der Agrarindustrie vielfach faktisch nicht der Fall ist.
Zumindest sollten die Bürger die Möglichkeit haben, selbst zu
entscheiden und zu verantworten, ob sie Waren kaufen, die
sozial- und im Bereich der Fleischproduktion auch
tierschutzverträglich hergestellt wurden, oder ob ihnen nur ein
möglichst niedriger Preis wichtig ist. Eine entsprechende
Kennzeichnung wäre deshalb angemessen und durchaus auch möglich.5
Beim Umweltschutz kann der Staat dagegen nicht abwarten und
hoffen, dass die Bürger entsprechend gekennzeichnete
umweltverträgliche und umweltverträglich produzierte Waren
kaufen, da er eine Fürsorgepflicht gegenüber allen Bürgern hat,
also auch gegenüber jenen, die nicht auf Kosten der Umwelt
billig produzierte und/oder selber die Umwelt schädigende Güter
kaufen, aber trotzdem die Folgen solchen Handelns mittragen
müssen.
Langfristige Gegenmaßnahmen
Auf Dauer werden staatliche
Ge- und Verbote allein freilich wohl nicht ausreichen, um die
negativen Folgen der derzeit vorherrschenden Kultur des Egoismus
und der Gier zu begrenzen. Diese Kultur hat sich vom Bereich der
Wirtschaft aus immer weiter ausgebreitet und inzwischen dazu
geführt, dass manche Menschen selbst ihre privaten Beziehungen
unter dem Aspekt der Profit- bzw. Nutzenmaximierung und nicht
mehr der gegenseitigen Solidarität und Liebe betrachten. Kurzum:
Ein Wertewandel ist dringend erforderlich. Und obwohl der
menschliche Egoismus groß ist, kann ein Wertewandel dennoch
gelingen, denn das Bedürfnis der meisten Menschen nach
befriedigenden sozialen Beziehungen und nach Anerkennung ist
nicht minder groß.6
Nötig ist also eine konsequente
Erziehung der Menschen und vor allem natürlich der Kinder und
Jugendlichen zwar nicht zu grenzenlosem Altruismus, aber doch zu
Fairness, Hilfsbereitschaft und einer Bescheidenheit, die auf
dem Wissen darum basiert, dass sowohl die eigenen Schwächen als
auch die eigenen Stärken größtenteils geerbt sind, dass jeder
Mensch auf die Vorleistungen der Eltern, des Staates und letztlich
der vielen Generationen von Menschen, die all jenes Wissen und
Können, über das die Menschheit inzwischen verfügt, erarbeitet
haben, angewiesen ist und dass jeder Mensch in einer
arbeitsteiligen Gesellschaft von der Arbeit
anderer Menschen abhängig ist: Allein ist jeder Mensch fast ein
Nichts. Auch wenn man die Leistungen anderer Menschen gewöhnlich
nicht gratis in Anspruch nimmt, sondern dafür zahlt, wie man
selbst gleichfalls für seine Arbeit bezahlt wird, bleibt doch
die Tatsache der gegenseitigen Abhängigkeit bestehen –
eigentlich Grund genug für solidarisches und faires Verhalten.
Zu einem fairen und solidarischen Verhalten gehört,
dass man sich kein größeres Stück vom gemeinsam erarbeiteten
Kuchen abschneidet, als einem der eigenen Leistung nach zusteht,
bzw. dass man es akzeptiert, wenn einem das, was man durch
geschicktes Taktieren oder Verhandeln ergattert hat oder was einem auch einfach
ganz ohne eigene Arbeit
z. B. durch Erbschaft oder Finanzspekulationen zugefallen ist,
zumindest zum Teil durch eine angemessene Besteuerung wieder
abgenommen und zum Wohle der Allgemeinheit verwendet wird.7
Dass Reichtum in der Regel großenteils nicht auf eigener
Leistung im Sinne von Anstrengung, sondern auf Geschick oder
Glück oder auch Gerissenheit beruht, wurde bereits passim z. B.
in den Texten Kein Recht
auf Faulheit? und
Kritik des reinen
Kapitalismus dargelegt. Andererseits können sinnvolle neue
oder verbesserte Produkte und Dienstleistungen die
Lebensqualität von Menschen natürlich durchaus erhöhen, weshalb
einem Unternehmer, der solche Waren entweder selbst erfindet und
vermarktet oder zwar nicht selbst erfunden hat, aber doch
immerhin erfolgreich vermarktet und dadurch potenziellen Nutzern
zugänglich macht, aus ethischer Sicht nicht nur Anerkennung,
sondern auch ein überdurchschnittliches Einkommen gebührt.
Zu einem fairen und solidarischen
Verhalten gehört ferner, dass man im Rahmen
seiner Möglichkeiten und Fähigkeiten tätig wird und für sich
selbst sorgt und nicht unnötig die Hilfe seiner Mitmenschen in
Anspruch nimmt. Das bedeutet nicht, dass man ethisch
verpflichtet ist, jeden noch so miesen, gesundheitsschädlichen
und schlecht bezahlten Job anzunehmen, wohl aber, dass man sich
nicht prinzipiell jeder – also auch einer den eigenen
Fähigkeiten angemessenen und angemessen bezahlten – Arbeit oder
Ausbildung verweigert und lieber von Hartz IV oder illegalen
Geschäften und Tätigkeiten lebt.
In der Praxis freilich liegt es
meistens nicht an den Langzeitarbeitslosen, dass sie
langzeitarbeitslos sind, denn betriebsbedingte Kündigungen
können (fast) jeden treffen und kommen zumindest für Personen,
die 40 Jahre alt oder älter sind, häufig einer Verurteilung zur
Dauerarbeitslosigkeit gleich. Auch sind besonders viele
Ungelernte langzeitarbeitslos, und da die regulären
Arbeitsplätze für Ungelernte immer weniger werden, haben sie nur
geringe Chancen, einen neuen regulären Job zu finden. Dass sie
aber ungelernt sind, kann man ihnen in der Regel nicht
vorwerfen, da in Deutschland ein Schulabgänger, der "nur" die
Hauptschule besucht hat, kaum eine Chance auf eine Lehrstelle
hat. Es ist Aufgabe des Staates als der Gemeinschaft der Bürger,
die für ihr Gemeinwesen bzw. füreinander Verantwortung tragen,
nicht der Wirtschaft als der Gesamtheit der normalerweise
jeweils nur ihre eigenen Interessen vertretenden Unternehmen,
dafür zu sorgen, dass alle Bürger ihr Auskommen haben.8
Erziehung und Bildung
Was nun die konkrete Hinführung
zu einem ethisch guten Verhalten betrifft, so ist es durchaus
möglich, durch konsequente Missbilligung egoistischen und
konsequente Belobigung fairen und solidarischen Verhaltens sowie
natürlich durch eigenes vorbildliches Verhalten Kindern und
Jugendlichen Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft geradezu
anzutrainieren – sogar ohne jede theoretische Begründung wie z.
B. Hinweise auf die prinzipielle Gleichwertigkeit aller Menschen
und die Angewiesenheit der Menschen aufeinander in einer
hochgradig arbeitsteiligen Gesellschaft und einer globalisierten
Wirtschaft. Die Begründungen sollte man freilich, sobald das
Kind verständig genug ist, tunlichst nachliefern.
Die Hinführung
zu einem ethisch guten Verhalten wird durch die natürliche
Entwicklung der Kinder und Jugendlichen erleichtert, die sich
normalerweise und unter halbwegs günstigen Lebensbedingungen
auch ohne intensive Erziehungsbemühungen quasi naturgemäß von
extremen Egoisten – im Kleinkindalter – zu gruppenbezogenen
und sozial interessierten – bestenfalls auch engagierten –
Jugendlichen und Erwachsenen entwickeln, wie
Entwicklungspsychologie
und speziell
Kinderpsychologie inzwischen gezeigt haben. Eltern merken
das gewöhnlich spätestens dann, wenn sie implizit oder explizit
mit den Fragen und Wünschen des jugendlichen Nachwuchses nach
einer sinnerfüllten Zukunft konfrontiert werden.
Bei aller Sorge um die spätere
berufliche Zukunft sollte man ferner seine Kinder nicht zu
schulischen Höchstleistungen drängen. Das bringt meistens nicht
viel und raubt ihnen schlimmstenfalls die Kindheit. Wenn sie
freilich von sich aus auf irgendeinem Gebiet den Drang zeigen,
Wissen und Fähigkeiten zu erwerben, bzw. sich von fähigen
Lehrkräften für bestimmte Wissensgebiete begeistern lassen, sind Unterstützung – falls
gewünscht und nötig – und Lob bei entsprechenden Leistungen
natürlich gut und sinnvoll. Im Übrigen weiß wohl jeder
Erwachsene, wie wenig von dem jahrelang eingeübten und
eingetrichterten Schulwissen nach wenigen Jahren oder sogar nur
Monaten noch übrig ist, nämlich lediglich das, was man
tatsächlich häufig braucht oder was einen besonders interessiert
und womit man sich folglich auch gern und aus eigenem Antrieb
beschäftigt hat, und zwar auch außerhalb der Schule und nach
Abschluss der Schule. Alles andere geht im Meer des Vergessens
unter.
Das Abrichten sogar schon der
Kinder und Jugendlichen auf die tatsächlichen oder
vermeintlichen Bedürfnisse der Wirtschaft und das ständige
Schielen auf den Notendurchschnitt mit Blick auf den
Numerus clausus bei etlichen Hochschulfächern fördern
dagegen in der Regel nicht nachhaltig das Wissen und die
Fähigkeiten der Schüler, sondern bloß deren Frust und
Aggressivität. Zudem ist der Numerus clausus aufgrund des
Notendurchschnitts bei vielen Fächern völlig unsinnig, denn
selbst ein geforderter Notendurchschnitt von 1,0 – das gibt es
tatsächlich – garantiert keineswegs, dass
jemand z. B. ein guter Arzt oder Psychologe werden wird, sondern
allenfalls, dass er eine gewisse Intelligenz besitzt. Hinzu
kommt, dass die Notengebung erwiesenermaßen vielfach fast
willkürlich ist und man z. B. für einen Deutschaufsatz, für den
man bei der einen Lehrkraft ein "sehr gut" bekommt, bei einer
anderen durchaus z. B. nur ein "ausreichend" kassieren kann.
Es
sollte also reichen, wenn man in der Schule ein Grundwissen in
Deutsch und vielleicht noch in Englisch, in Mathematik,
Geschichte, Naturwissenschaften, Philosophie sowie Sozial- und
Wirtschaftsgeschichte erwirbt, auf dem man weiter aufbauen bzw.
das man in den höheren Klassen je nach Interesse in
Leistungskursen ausbauen und vertiefen kann. Überhaupt sollten
nicht der Erwerb von Detailwissen, sondern die Schulung von
Vernunft und Urteilskraft sowie das Einüben von
menschenfreundlichen sozialen Verhaltensweisen im Mittelpunkt des Unterrichts stehen. Schätzungsweise
mindestens drei Viertel dessen, was derzeit in der Schule gemäß
den Lehrplänen an
Einzelwissen in die Schüler(innen) hineingestopft wird, sind
dagegen sowieso nach kurzer Zeit verloren.
An der Universität setzt sich das
übliche schulische Lernen, also das Auswendiglernen von Fakten
und Lösungswegen für die nächste Prüfung, in vielen Fächern
leider unverändert fort. Lediglich in den Kulturwissenschaften
gibt es selbst im Grundstudium noch eine gewisse Freiheit. Die
Freiheit und Notwendigkeit, eigenständig zu denken und eigene Lösungswege zu suchen und zu
finden, erleben die übrigen Studierenden dagegen frühestens,
wenn sie gegen Ende des Studiums eine größere eigenständige
Arbeit abliefern müssen, die mehr sein soll als eine
Zusammenstellung bereits vorhandenen Wissens oder eine abwägende
Beurteilung bereits vorhandener Lösungsansätze. Auch an der
Universität wären deshalb eine größere Freiheit bei der Auswahl
des Lernstoffes und eine umso intensivere Beschäftigung mit
demselben zwecks tieferen Verständnisses und eventuell sogar
selbständigen Findens eigener Lösungen sinnvoll.
Aber bereits nach der Schule,
nicht erst nach einem Studium oder einer Berufsausbildung
sollten die Absolventen fähig sein, die Freiheit und die
Anstrengung des Denkens zu würdigen und sich selbständig neue
Wissensgebiete und Einsichten zu erschließen sowie ihre
Mitmenschen als gleichberechtigt und gleichbedürftig zu
akzeptieren und sie gemäß ihrem Verhalten gegenüber anderen
Menschen und ihrem Beitrag zum Gemeinwohl einzuschätzen.
Sie
sollten ferner erkennen können, wann wirtschaftliche
Eigeninteressen zu Unrecht als dem Gemeinwohl dienlich
dargestellt werden: Es ist weder ein Naturgesetz noch
wirtschaftlich, sozial oder politisch sinnvoll oder gar
notwendig, dass einige wenige Menschen fast alles und viele
andere Menschen fast nichts besitzen. Die Steigerung des
Reichtums der wenigen Reichen führt außerdem keineswegs
automatisch dazu, dass irgendwann auch die Armen etwas mehr
besitzen. Zudem gibt es keinen stringenten Bezug zwischen
individueller Anstrengung und Einkommen/Vermögen oder zwischen
dem Beitrag zum Gemeinwohl und dem Einkommen/Vermögen: Wäre es
so, müssten jene Menschen, die am meisten schuften, also z. B.
Krankenschwestern und -pfleger, sowie jene,
die am meisten zum Fortschritt der Menschheit beitragen, also
bedeutende Philosophen, Naturwissenschaftler und Erfinder, die
reichsten Menschen sein. Das ist offensichtlich nicht der Fall.
Umgang mit Egoismus
Was aber kann man tun, wenn
Elternhaus, Schule und Ausbildungsbetrieb/Hochschule versagt
haben und sich eine zwar eventuell fachlich kompetente, aber
selbstsüchtige Persönlichkeit
herausgebildet hat?
Gegen die offensichtlichsten
asozialen Verhaltensweisen gibt es natürlich Gesetze, und obwohl
sie offenkundig Straftaten oft nicht verhindern können, sind sie
doch notwendig, um den Täter oder die Täterin überhaupt
belangen, nach Möglichkeit zu Einsicht, Reue und
Wiedergutmachung bewegen sowie Wiederholungstaten möglichst
verhindern zu können.9 Aber Gesetze werden von
Menschen gemacht, und während weitgehend Einigkeit darüber
herrscht, dass und wann und wie Gewaltverbrechen zu ahnden sind,
und niemand auf die Idee käme, Gewalttäter oder potenzielle
Gewalttäter die sie betreffenden Gesetze selbst schreiben zu
lassen, werden die Gesetze, die Unternehmer, Manager, Aktionäre,
Banker etc. betreffen, zu einem Großteil direkt oder indirekt exakt von jenen
geschrieben, die sie betreffen, nämlich den Unternehmen bzw.
konkret den Managern und Unternehmern sowie deren Juristen und
Lobbyisten, die zum Teil direkt in den Ministerien sitzen und
dort die Beamten "beraten" oder aber – wenn "Beratung" nicht
ausreicht – Druck auf die Abgeordneten und die Regierungen
ausüben: Mit dem Verlust oder der Verlagerung von Arbeitsplätzen
zu drohen wirkt z. B. fast immer. Es kann nicht verwundern, dass dabei der Schutz der
Verbraucher und der Umwelt sowie die Interessen der Arbeitnehmer
und der Arbeitslosen weitgehend unberücksichtigt bleiben.
Außerdem regeln Gesetze auch
dann, wenn sie nicht von Lobbyisten gemacht sind, natürlich
nicht alles und bieten deshalb Schlupflöcher, die von gerissenen
Egoisten gerne genutzt werden: So ist z. B. die Geschäftspolitik
fast einer ganzen Branche, nämlich der Banken und sonstiger
Finanzdienstleister, im Wesentlichen darauf ausgerichtet,
entweder den Kunden (z. B. durch für den Finanzdienstleister lukrative
Fehlberatung) oder den Staat (z. B. durch Beihilfe zur
Steuervermeidung oder -hinterziehung) oder beide zusammen zu
übervorteilen und Geld zu scheffeln, ohne irgendwelche realen
Werte zu schaffen oder gar dem Gemeinwohl zu dienen. Hier kann
wohl nur eine Genehmigungspflicht für sämtliche Finanzprodukte
und eine akribische Beobachtung der potenziellen Straftäter
helfen.10
Über Maßnahmen zur Eindämmung des
Einflusses quasi strukturell – nämlich aufgrund ihrer Rolle im
kapitalistischen Wirtschaftssystem – egoistischer natürlicher
und juristischer Personen wie Unternehmer und Unternehmen hinaus11
sollte krasser Egoismus jedoch auch sozial verpönt sein.
Derzeit ist allerdings eher das Gegenteil zu beobachten:
Zwar werden die Millionengehälter mancher Spitzenmanager
kritisiert, obwohl diese im Vergleich zu den Einkünften und zum
Vermögen vieler Unternehmer bzw. von Großaktionären – die
freilich im Gegensatz zu Managern auch eventuelle Verluste des
Unternehmens tragen müssen – eher gering
sind, aber das System an sich, also die Gewinnung von Reichtum
durch das Einbehalten eines überproportional großen Anteils am
Gewinn und mithin durch die legale Übervorteilung anderer
Menschen, seien es Kunden, Beschäftigte oder Zulieferer, wird
nicht in Frage gestellt. Höchst erfolgreiche Unternehmer wie
Bill Gates, Larry Page, Sergey Brin und Mark Zuckerberg werden
bewundert, obwohl ihr Geschäftsgebaren aus unterschiedlichen
Gründen kritikwürdig und ihre jeweilige Geschäftsidee nicht
einzigartig ist bzw. war. Aber sie haben es geschafft, sich mit durchaus
fragwürdigen Methoden ein Monopol oder Quasimonopol zu
verschaffen.
Millionen von Menschen jubeln
sogar jungen Männern zu, die dafür, dass sie erfolgreich Fußball
spielen oder schnell Auto fahren können oder irgendeine andere
populäre Sportart gut beherrschen, mehr Geld bekommen als die
meisten Manager. Bei anderen erfolgreichen
Unterhaltungskünstlern wie Sängern, Schauspielern, Talkmastern
etc. ist es ähnlich. Auch dass die Kinder reicher Unternehmer nach
dem Tode derselben in der Regel kaum Erbschaftssteuern zahlen
müssen, obwohl sie für den ererbten Reichtum doch selbst
überhaupt keine Leistung erbracht haben und es in einer
"Leistungsgesellschaft" folglich legitim wäre, einen Großteil
des Erbes dem Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung
zu stellen, und dass viele Menschen es offenbar völlig in
Ordnung finden, dass reiche Erben kaum Erbschaftssteuern zahlen,
kann verwundern. Denn natürlich müssen die Durchschnitts- und
Geringverdiener umso mehr Steuern zahlen und erhalten umso
weniger Leistungen hinsichtlich Infrastruktur, Bildung,
Krankheitsbehandlung und auch Rente, je weniger die Gut-,
Besser- und
Bestverdiener zahlen.
Auswirkungen auf die Beschäftigten
Das Konkurrenzprinzip bzw. das
Streben der Unternehmen nach Vorherrschaft und möglichst einer
Monopolstellung auf ihrem jeweiligen Gebiet hat zumindest bei
unsicheren Arbeitsplätzen direkte Auswirkungen auf die
Anforderungen an die Beschäftigten und auf das Betriebsklima und
fördert eine Kultur der Anpassung, der Heuchelei sowie des
Mobbing und Bossing: Wer nur einen befristeten Arbeitsvertrag
hat oder Angst vor einer betriebsbedingten Kündigung haben muss
oder ein übertriebenes Pflichtgefühl besitzt oder glaubt, desto
schneller "Karriere" zu machen, je williger er ist, wird nicht
so schnell nein sagen, wenn er immer mehr Arbeit in immer
kürzerer Zeit erledigen soll. Er wird "flexibel" sein,
unbezahlte Überstunden machen, stets – also auch außerhalb der
regulären Arbeitszeiten – zur Verfügung stehen, überhaupt
arbeitsmäßig so ziemlich alles mit sich machen lassen und dabei
versuchen, die eigenen Leistungen im strahlendsten Lichte
erscheinen zu lassen.
Inzwischen hat der Druck sogar
schon jene erreicht, die sich bislang um ihren Arbeitsplatz
wenig Sorgen machen mussten, nämlich die Beschäftigten im
Öffentlichen Dienst. Mit allerlei Methoden wie
Mitarbeitergesprächen, Rechenschaftsberichten,
Zielvereinbarungen, Teambuildingmaßnahmen, Motivierungsseminaren,
Erstellung von Leitlinien sowie jeder Menge Meetings, Evaluierungen,
Projekten, Change Management etc. wird versucht, das aus der Wirtschaft bekannte Konkurrenz-, Wachstums- und Effizienzdenken auch in
Bereichen wie Schulen, Hochschulen, Behörden, Museen,
Krankenhäusern etc. zu verankern, wo Profitstreben meistens
unangebracht oder sogar schädlich ist.12
Die Folgen sind häufig eine
weitgehend ergebnislose hektische Betriebsamkeit, um
Leistungsbereitschaft zu demonstrieren, eventuell
publikumswirksame, aber Zeit verschlingende und nicht selten sogar – z.
B. bei dem permanenten Ausstellungszirkus für viele fragile
Ausstellungsstücke – schädliche Aktionen sowie geschönte und
ebenfalls reichlich Zeit beanspruchende Leistungsberichte, deren
Anfertigung von der eigentlichen Arbeit – im Hochschulbereich z.
B. eigener
Weiterbildung, Forschung und anspruchsvoller Vermittlung der
gewonnenen Erkenntnisse – abhält. Im Extremfall wendet der
Beschäftigte mehr Zeit für die Selbstdarstellung bzw. die
geschickte Darstellung seiner Leistungen oder sogar seiner bloß
geplanten Leistungen auf als für die Arbeit selbst. Ein Beispiel
dafür ist die
Exzellenzinitiative, bei der nicht etwa exzellente
Leistungen belohnt werden, sondern die exzellente Ankündigung
(!) exzellenter Leistungen. Für die beteiligten Beschäftigten
aller nicht geförderten Universitäten bedeutet die Teilnahme an
einem solchen Wettbewerb nichts anderes als eine ungeheure
Verschwendung von Zeit, Arbeitskraft und nicht zuletzt auch
Geld.13
Es ist klar, dass
sich in einem Klima permanenter Konkurrenz, Überwachung, Wichtigtuerei und
Heuchelei Eigenschaften wie Menschenfreundlichkeit, Aufrichtigkeit, Zivilcourage
und Hingabe an die Sacharbeit kaum entwickeln können. Die
Resultate: Solide Sach- und Verwaltungsarbeit wird durch
Kosmetik und Scheinaktivitäten, Pflichterfüllung durch
Selbstdarstellung, solidarisches und ergebnisorientiertes
Handeln durch Profilierungsstreben, Misstrauen und Missgunst
ersetzt. Und wenn das ganze Brimborium nicht die erwarteten
Verbesserungen bringt, wird der – angeblich ja selbständig und
eigenverantwortlich als kreativer Problemlöser handelnde, in
Wirklichkeit dank ständiger Gehirnwäsche zum angepassten Lakaien
degradierte – Mitarbeiter zum Sündenbock gemacht. Eine solche Betriebskultur
kann auch der Demokratie schaden:
Lakaien eignen sich nicht als Souveräne.14
Notwendige Konsequenzen
Um Menschenfreundlichkeit zu fördern,
muss es letztlich eine Kultur der Solidarität und ein
entsprechendes wirtschaftliches und politisches System geben.
Das politische System, nämlich eine Demokratie, die nicht die
dauerhafte Herrschaft einer knappen Mehrheit über eine große
Minderheit darstellt, sondern Machtwechsel ermöglicht und
Minderheitenrechte schützt, gibt es in Deutschland im Prinzip
bereits. Allerdings werden immer wieder wichtige Entscheidungen
durch Unternehmens- und Branchenlobbyisten in unangemessener
Weise zuungunsten der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung
beeinflusst, wie man z. B. an der bislang weitestgehend
ausgebliebenen Regulierung des Finanzsektors, am Abbau der
Rechte von Arbeitslosen und Arbeitnehmern zumindest in den letzten dreißig Jahren, am in
der Praxis mangelhaften Verbraucherschutz, aber auch am Unwesen
der Abmahnanwälte15 sowie an völlig überteuerten
Medikamenten und medizinischen Hilfsmitteln leicht erkennen
kann.
Ein wirtschaftliches System, das
auf Solidarität aufbaut oder sie zumindest nicht behindert, hat
Deutschland und haben alle anderen kapitalistischen Länder
dagegen nicht: Vielmehr bestreitet der Kapitalismus im Grunde
die Tatsache, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, und
fordert und fördert Rücksichtslosigkeit, Habgier und Egoismus.
Zwar gibt es zweifellos zahlreiche Kapitalisten, die nicht in
das Klischee des frühkapitalistischen Unternehmers passen und
persönlich Philanthropen und Mäzene sind. Um im Wettbewerb zu
bestehen, können sie im geschäftlichen Bereich aber kaum anders
handeln als der schlimmste Konkurrent, also in der Regel
ebenfalls mehr oder minder gewissenlos. Lediglich als
Monopolisten oder vielleicht noch als Oligarchen haben oder
hätten sie die Möglichkeit, ethisch zu handeln.
Folglich bleibt nichts anderes
übrig, als die Reichweite des kapitalistischen Systems zu
begrenzen: Aufgaben der Daseinsvorsorge, die von Unternehmen des
Bundes, der Länder, der Regierungsbezirke oder der Kommunen gut,
verlässlich und kostengünstig – schließlich müssen solche
Unternehmen keine Gewinne für Eigentümer, überbezahlte Manager
oder Aktionäre erwirtschaften – ausgeführt werden können,
sollten nicht privatisiert bzw. die bereits privatisierten
Unternehmen möglichst wieder zurückgekauft werden. In den
Unternehmen sollten die ethischen Grundsätze des Öffentlichen
Dienstes bzw. des Beamtentums und nicht die arbeitnehmer- und
kundenfeindlichen, ausschließlich gewinnorientierten Maßstäbe
von Unternehmensberatern gelten.16
Gemeinnützige und
genossenschaftliche Unternehmen sollten gefördert werden, z. B.
durch Steuererleichterungen oder Bevorzugung bei öffentlichen
Aufträgen. Dabei sollte freilich darauf geachtet und regelmäßig
überprüft werden, ob bzw. dass das Unternehmen sich nicht
nur pro forma von ausschließlich profitorientierten Unternehmen
unterscheidet, sondern tatsächlich eine andere,
menschenfreundliche und nicht ausbeuterische Form des Umgangs
miteinander praktiziert. Derzeit gibt es nämlich etliche
Unternehmen, bei denen Schein und Sein hinsichtlich der
Unternehmenskultur weit auseinanderklaffen.17
Alle
Unternehmen – inklusive
Aktiengesellschaften – sollten nicht nur die
Profitmaximierung zum Ziel haben, sondern gesetzlich
verpflichtet werden, auch zum Wohl der Beschäftigten, der Kunden
und der Zulieferer zu agieren. Insbesondere sollte der
Wettbewerb über Innovationen und Produkt- oder
Dienstleistungsverbesserungen, nicht aber über Lohndumping,
Arbeitsverdichtung oder unbezahlte und meistens gar nicht erst
registrierte Überstunden ausgetragen werden. Es ist doch
irrsinnig, dass in einem Land, in dem – bei allerdings sehr
ungleicher Verteilung der Güter – insgesamt materieller
Überfluss herrscht, trotzdem viele Berufstätige über ständigen
Stress klagen und immer mehr und immer verdichteter arbeiten
müssen/sollen oder in Einzelfällen sogar wollen, um immer mehr und immer neue
letztlich entbehrliche Güter zu produzieren – und anschließend
als von der Werbung verblendete Konsumenten zu kaufen und
(vielleicht) zu konsumieren.
Um wirksam kontrollieren zu
können, ob die Unternehmen ihre Pflicht, auch zum Wohl der
Beschäftigten, Kunden und Zulieferer und nicht nur zum
finanziellen Wohl der Eigentümer zu agieren, tatsächlich
erfüllen, sollten Arbeitnehmer das Recht erhalten und in die
Lage versetzt werden, unternehmensinterne Missstände
öffentlich zu machen und anzuzeigen oder dagegen zu klagen, ohne finanzielle
oder sonstige Nachteile befürchten zu müssen. Das heißt konkret,
dass ein Arbeitnehmer, der Missstände öffentlich macht oder
dagegen klagt, häufig eine derart hohe Abfindung erhalten
müssen wird, dass er für den Rest seines Lebens finanziell abgesichert
ist, da realistischerweise kaum damit zu rechnen ist, dass ein
anderes Unternehmen ihn nach der zu erwartenden Kündigung noch
einstellt.
Gesetze gegen
Mobbing, Bossing und Ausbeutung sowie zum Schutz von
Whistleblowern sollten natürlich mit entsprechenden Strafen
bewehrt sein: Wer andere Menschen isoliert, bedroht,
einschüchtert, schikaniert, herabsetzt, lächerlich macht oder
sonstwie in ihrer Würde verletzt bzw. psychisch,
physisch oder wirtschaftlich schädigt, sollte mit empfindlichen
Haftstrafen rechnen müssen. Bislang bleiben Taten wie Mobbing
und Bossing sowie unternehmensinterne Gesetzesverstöße in
Deutschland in Ermangelung wirksamer Schutzgesetze fast immer
straffrei. Den Schaden haben jene, die gemobbt oder
ausgebeutet werden oder auf Missstände hinweisen, nicht etwa die
Verursacher derselben.
Der einfachste und wahrscheinlich
wirksamste Schutz gegen die Missachtung von Arbeitnehmern und
deren Interessen wäre freilich wohl ein Mangel an
Arbeitskräften, der die Arbeitgeber zwingen würde, um sie zu
werben. Ein bedingungsloses Grundeinkommen und eine generelle
Verringerung der Arbeitszeit würden die Stellung der
Arbeitnehmer deshalb sicherlich
stärken. Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit und die
Anwerbung von Arbeitnehmern aus dem Ausland schwächen sie
dagegen.
Resümee
Wer möchte, dass Menschen sich
menschenfreundlich verhalten, muss dafür sorgen, dass es ihnen
physisch und psychisch gut geht, und zwar von Geburt an bzw.
sogar bereits davor, denn schon das Ungeborene registriert die
Stimmungen und Gefühle der Mutter und trägt die Folgen dessen,
was sie tut. Das Gefühl, geliebt, geachtet und gebraucht, aber
nicht missbraucht zu werden, ist der beste Schutz gegen die
Versuchung zur Misanthropie, zur Gewaltanwendung oder zur
betrügerischen Übervorteilung anderer Menschen sowie gegen Rechtsradikalismus,
Islamismus, christlichen Fundamentalismus und sonstige
Ideologien, die das
eigene Selbstwertgefühl auf Kosten anderer Menschen und der
wissenschaftlichen Redlichkeit stärken, aber auch gegen
Selbstverachtung und Selbsthass.
Der Kapitalismus in seiner
insbesondere in den USA vorherrschenden Form als Ideologie des
extremen Egoismus und extremer materieller Unsicherheit des weit
überwiegenden Teils der Bevölkerung fördert folglich bei großen
Teilen derselben nicht die Menschenfreundlichkeit, sondern
produziert
abermillionenfach Chancenlosigkeit und Verlierer. Die
Verbrechensrate in den USA und in hinsichtlich des
Wirtschaftssystems sowie des (weitestgehend fehlenden)
Sozialsystems vergleichbaren Ländern wie Großbritannien und
zahlreichen Dritte-Welt-Ländern ist entsprechend hoch.
Das Fehlen eines Sozialstaats
kann, wie die Verhältnisse in den USA zeigen, offensichtlich
nicht durch private Mildtätigkeit kompensiert werden: Obwohl die
US-Amerikaner sehr viel mehr spenden als die Deutschen, geht es
armen US-Amerikanern generell schlechter als armen Deutschen.
Denn erstens stellt der Sozialstaat – zumindest in Deutschland –
sehr viel mehr Geld für die Beseitigung von Not und für den
sozialen Ausgleich zur Verfügung als alle privaten Spender
zusammen. Zweitens drängt er – zumindest in der Theorie – die
Hilfsbedürftigen nicht in die Rolle von Bittstellern und
Almosenempfängern, sondern gewährt ihnen Rechte und achtet ihre
Würde. Drittens schließlich verteilt der Sozialstaat
individuelle Geld- und Sach- sowie regionale
Infrastrukturleistungen wie z. B. Bildungs- und
Ausbildungsstätten – im Idealfall – nach objektiven Kriterien
bzw. nach objektiver Notwendigkeit, nicht nach subjektivem
Geschmack bzw. nach dem Werbeetat und dem Ansehen der
Hilfsorganisationen.
Der Sozialstaatskapitalismus der
Nachkriegszeit in Westdeutschland bis ca. 1980 war folglich relativ
menschenfreundlich und mit – freilich vom Wissen um die
Verbrechen und Leiden der Nazizeit getrübten – Gefühlen des
Optimismus, der Geborgenheit und der Friedfertigkeit verbunden.
Allerdings war er möglicherweise nur deshalb so
menschenfreundlich, weil die Zerstörungen des Krieges dazu
führten, dass Arbeitslosigkeit faktisch unbekannt war und der
Wohlstand nur zunehmen konnte, und weil die DDR eine
Systemalternative bot, von der sich das kapitalistische
Wirtschaftssystem Westdeutschlands positiv abheben sollte.
In der heutigen Zeit weitgehend
gesättigter Märkte in Deutschland und Westeuropa bei zugleich stetig
steigernder Produktivität können die Alternativen vernünftigerweise
nur sein, entweder weniger zu arbeiten, weniger zu produzieren
und weniger zu kaufen – wobei die Reduzierung von Arbeit und
Kaufkraft möglichst gleichmäßig verteilt werden und nicht zu
einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen sollte – oder aber
weiterhin zuviel zu arbeiten und das zuviel Produzierte und
Verdiente in irgendeiner Form wegzugeben, bis zunächst überall in
Deutschland und schließlich überall auf der
Welt ähnlich gute Lebensbedingungen herrschen.
Besonders die Alternative, Geld
wegzugeben, mag merkwürdig
klingen, aber sie wird bereits jetzt immer dann Wirklichkeit, wenn
Benachteiligte oder Schwächere gefördert werden, sei es
innerhalb Deutschlands über Sozialleistungen und Maßnahmen für
Einzelpersonen oder ganze Regionen wie z. B. die ostdeutschen
Länder, sei es über
Deutschland hinaus, indem Geld in ärmere Länder transferiert wird,
z. B.
durch Urlaubsreisen oder durch Investitionen von Unternehmen
oder durch Kredite. Zwar hoffen die Geldgeber bei Investitionen
und Krediten, ihr Geld mit Gewinn zurückzuerhalten, aber
zunächst einmal ist es weg und Hoffnungen können trügen.
Letztendlich wird angesichts der
globalen Abhängigkeiten hinsichtlich der Abwendung von Klima-
und sonstigen "Natur"katastrophen, des Austausches von
Informationen, Rohstoffen und Endprodukten sowie der Vermeidung
von Terror, Kriegen und Migrationsbewegungen als den Folgen allzu
krasser Wohlstandsunterschiede auf Dauer kein Weg an einer
weltweiten Angleichung der Lebensverhältnisse vorbeiführen.
1 Stichworte:
Gleichgültigkeit gegenüber organisierten, Gehorsam verlangenden
Religionen als Folge zunehmenden Wohlstands und zunehmender
individueller Freiheit; Unvereinbarkeit mancher kirchlicher
Lehren, z. B. der katholischen Naturrechtslehre, mit den
Erkenntnissen der Naturwissenschaften, in diesem Falle mit der
Evolutionstheorie; Relativierung des Geltungsanspruchs des
Christentums durch den Vergleich mit anderen Religionen; Beharren
insbesondere der katholischen Kirche auf
nicht mit der Vernunft begründbaren Autoritäts- und Machtansprüchen
in Fragen der Sittenlehre selbst gegenüber Nicht- und
Andersgläubigen; Verlust von Glaubwürdigkeit
durch unchristliches Verhalten z. B. gegenüber den eigenen
Angestellten; geistige Mitverantwortung am
Holocaust durch jahrhundertelange Judenverleumdung und -diskriminierung.
Vgl. Sie zum Thema Religion und Kirchen auch den Text
Was können wir
glauben? Was sollen wir tun?
2 Vgl. Sie dazu z. B.
die Texte
Wirtschaftspolitik – Irrwege und Auswege. Überlegungen zum guten
Leben, insbesondere den Abschnitt Was kann ich selbst
tun?, sowie
Zufriedenheit und Glück.
3 Vgl. Sie zum Thema
Fleischkonsum z. B. den Text
Tierhaltung und
Tierschutz: Darf man Tiere nutzen und töten?
4 Vgl. Sie generell
zur Wirtschaftsethik z. B. den Text
Gedanken zur
Wirtschaftsethik.
5 Vgl. Sie zum Thema
Verantwortung (u. a. als Verbraucher und gegenüber Bewohnern
wirtschaftlich unterentwickelter Länder) z. B. den Text
Bin ich denn der
Hüter meines Bruders? Verantwortung füreinander.
6
Vgl. Sie zu den grundlegenden menschlichen Eigenschaften und
Bedürfnissen z. B. die Texte
Woher kommen wir?
Wer sind wir? Wohin gehen wir?,
Wesenszüge des Menschen,
Was ist gerecht?,
Wann ist das Leben
lebenswert? und
Was braucht der
Mensch? Vom steuerfreien Existenzminimum und notwendigen Luxus.
7 Vgl. Sie zum Thema
Steuern z. B. den Text
Vorschläge für ein
besseres Steuersystem.
8 Vgl. Sie zu den
Themen Senkung der Arbeitslosigkeit, Sozialstaat etc. z. B. die
Texte Kein Recht auf
Faulheit? und
Freiheit statt Solidarität? Welchen Staat wollen wir? Letztlich können alle derartigen Bemühen nur auf eine
Reduzierung der Arbeitszeit z. B. mittels Teilzeitarbeit sowie
auf einen Abbau von Arbeitsplätzen in der Industrie zugunsten
wenig materielle Ressourcen verbrauchender Arbeitsplätze im
Dienstleistungsbereich im weitesten Sinne hinauslaufen: Bei
weitgehend gesättigten Märkten für materielle Güter, ständig
steigender Arbeitsproduktivität zumindest im industriellen
Bereich, immer seltener werdenden bzw. schwieriger zu
gewinnenden und deshalb teurer werdenden Rohstoffen und
insgesamt weltweit begrenzten materiellen Ressourcen ist es
einfach sinnvoller, individuell weniger zu arbeiten und weniger
Überflüssiges zu kaufen, also letztlich Arbeit und Einkommen zu
teilen, als gesamtgesellschaftlich Arbeitslosigkeit und Armut
bzw. Abhängigkeit von Transferleistungen zu produzieren.
9 Vgl. Sie zur
Strafgesetzgebung und zum Strafvollzug z. B.
den Text
Staatliches Gewaltmonopol und Pflichten des Staates.
10 Weitere Vorschläge
enthält z. B. der Text
Bin ich denn der
Hüter meines Bruders? Verantwortung füreinander im Kapitel
Exkurs: Turbokapitalismus.
11 Mögliche
Gegenmaßnahmen: Verbot von Parteispenden juristischer Personen,
Verbot der Stückelung von Parteispenden natürlicher Personen
zwecks Umgehung der Veröffentlichungspflicht, Beschränkung der
steuerlichen Absetzbarkeit von Parteispenden auf einen absoluten
Betrag, der sich an der Spendenbereitschaft eines
Durchschnittsverdieners orientiert, Verbot von Sponsoring,
Verbot von "Gefälligkeiten" von Unternehmern, Managern,
Lobbyisten oder sonstiger Interessenvertretern, die offenbar von etlichen Politikern irrtümlich für "Freunde" gehalten werden, für
Politiker, Verbot des Wechsels von Politikern aus dem Amt in
wirtschaftlich bedeutsame und lukrative Positionen in
Unternehmen oder Institutionen, denen sie zuvor "Gefälligkeiten"
erweisen konnten, Verbot der Mitwirkung von Lobbyisten an der Formulierung von
Gesetzen.
12 Als eindeutig
schädlich, und zwar für die Patienten, haben sich Profitdenken
und Konkurrenzprinzip inzwischen bei den Krankenhäusern
erwiesen, die vor allem seit der "Gesundheitsreform" von
Altbundeskanzler Gerhard Schröder und der damaligen
Gesundheitsministerin Andrea Fischer aus dem Jahr 2000, in der
Praxis umgesetzt seit ca. 2003, zu einem harten Konkurrenzkampf
gezwungen sind. Das hat u. a. zur Folge, dass Leistungen
abgebaut wurden, die unrentabel erscheinen, aber im Notfall
überlebenswichtig sein können, z. B. Bereitschaftsdienste.
Darüber hinaus haben seit der Einführung von Fallpauschalen
insbesondere die Chef- und Oberärzte, beeinflusst von den
Krankenhausträgern und Verwaltungsdirektoren, oft mehr das
finanzielle Wohl des Krankenhauses als das Wohl der Patienten im
Blick und drängen den Patienten nicht selten unnötige oder sogar
schädliche Operationen und sonstige Maßnahmen wie z. B.
Bestrahlungen auf, weil diese Leistungen dem Krankenhaus viel
Geld bringen. Etliche Ärzte haben sich sogar – gegen eine
entsprechende Prämie zusätzlich zu dem ohnehin nicht niedrigen
Entgelt – vertraglich verpflichtet, in einem bestimmten Zeitraum
eine bestimmte Menge bestimmter Operationen auszuführen – ohne
zu wissen, ob es im fraglichen Zeitraum überhaupt so viele
Patienten geben wird, die eine solche Operation benötigen. Damit
haben sie im Herzen den hippokratischen Eid – keinem Kranken zu
schaden – bereits gebrochen, denn wenn es nicht genug
"geeignete" Patienten gibt, bleibt ihnen nichts anderes übrig,
als ungeeignete – zu schwache oder mit weniger aufwändigen und
weniger belastenden oder auch gar keinen Maßnahmen ebenso gut
oder sogar besser zu behandelnde – Patienten zu unnötigen oder
sogar schädlichen, schlimmstenfalls tödlich endenden Operationen
oder sonstigen Maßnahmen zu überreden. Andere Patienten
wiederum, insbesondere solche, die an mehreren Krankheiten
leiden, erhalten nicht jene Hilfe, die sie benötigen, weil das
Krankenhaus die benötigten Leistungen nicht alle abrechnen kann.
Vgl. Sie dazu z. B. die Artikel "Das Ende der Schweigepflicht.
Mit der Gesundheitsreform sollten Krankenhäuser effizienter,
billiger, transparenter werden. Die Operation ist gelungen. Aber
den Patienten geht es nicht gut. Fünf Klinikärzte berichten aus
ihrem Alltag" von Heike Faller und "Gute Besserung? Studien
sagen: Patienten verlassen heute die Krankenhäuser gesünder als
noch vor wenigen Jahren. Doch leider hinken die Zahlen der
Wirklichkeit hinterher" von Harro Albrecht, beide in: DIE ZEIT, ZEITmagazin,
16.05.2012. Vgl. Sie zum deutschen Gesundheitssystem z. B. den
Text Tipps
zur Gesundung des Gesundheitssystems.
13 Vgl. Sie zu
künstlich inszenierten Wettbewerben in Bereichen, wo es keinen
funktionierenden Markt gibt und ein Markt auch wenig sinnvoll
ist, z. B. in den Bereichen Wissenschaft, Bildung und
Gesundheitswesen, und deren negativen Folgen z. B. das Buch
"Sinnlose Wettbewerbe – Warum wir immer mehr Unsinn produzieren"
von Mathias Binswanger, Freiburg 2010 (gebunden) und 2012
(Taschenbuch).
14 Vgl. Sie zum
skizzierten Wandel der Arbeitswelt in Verwaltungen und im
Öffentlichen Dienst z. B. das Buch "Leben im Büro. Die schöne
neue Welt der Angestellten" von Christoph Bartmann, München
2012, sowie die Besprechung des Buches – der dieser Text viel
verdankt – in dem Artikel "Die
Firma ist das Leben, und das Leben die Firma" von Jens Jessen in
ZEIT LITERATUR Nr. 12 vom März 2012. Dem gleichen Thema der
Manipulation des Menschen im Unternehmensinteresse widmet sich
der Dokumentarfilm
Work Hard - Play Hard von Carmen Losmann. Lesen Sie dazu z.
B. die
Besprechung von Joachim Kurz auf kino-zeit.de.
15 In Deutschland
werden keineswegs nur klare Gesetzesverstöße abgemahnt, sondern
Unternehmen versuchen, mittels Abmahnungen unliebsame Konkurrenz
zu verhindern. So erhielt z. B. der Autor eine
Abmahnung,
weil er auf seiner Website ohne jedes finanzielle Interesse
eigene Spiele als Memory-Spiele anbot. Auch das Urheberrecht
sollte überdacht werden: Dass man in Deutschland auf seiner
Website noch nicht einmal sein eigenes Passfoto veröffentlichen
darf, ohne vorher die – am besten schriftliche – Erlaubnis des
Fotografen eingeholt zu haben, ist sicherlich eine
Gesetzesänderung wert.
16 Vgl. Sie zu
Privatisierungen, Staatsbetrieben sowie staatlichen im Vergleich
zu privatwirtschaftlichen Leistungen z. B. den Text
Brauchen wir
Staatsbetriebe?
17 So schreiben z. B.
zahlreiche Krankenhäuser und Pflegeheime in kirchlicher
Trägerschaft in ihren Hochglanzprospekten für Patienten,
zukünftige Patienten und Angehörige sowie in ihren
Pflegeleitlinien viel von christlicher Ethik, christlichem
Miteinander und Mitmenschlichkeit, nutzen aber in der Praxis die
eigenen Mitarbeiter, insbesondere die Krankenschwestern und
Pfleger, schamlos aus. Dabei vertrauen sie darauf, dass das
Verantwortungsgefühl der Schwestern und Pfleger gegenüber
Patienten und Kolleg(inn)en sie daran hindert, sich gegen die
ständig steigenden, die Gesundheit ruinierenden Anforderungen zu
wehren. Die Folge: Es gibt in vielen Krankenhäusern kaum noch
eine Pflegekraft, die älter als 50 Jahre ist und noch Vollzeit
arbeitet bzw. Vollzeit arbeiten kann. Das Gehalt ist dann
natürlich entsprechend geringer. Freilich geben die
Krankenhausbetreiber oft nur den Druck weiter, den sie selbst
von den Krankenkassen und letztlich den Politikern erfahren:
Wie viel Geld im Gesundheitswesen wofür – z. B. für teure
Apparatemedizin oder eine angemessene Pflege – ausgegeben wird,
ist schließlich eine politische Entscheidung. Vgl. Sie zum
deutschen Gesundheitssystem z. B.
den Text Tipps
zur Gesundung des Gesundheitssystems.
Entstehungsjahr: 2012
nach oben |